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Hellau! Oder wie geht das in Berlin?
Hellau! Oder wie geht das in Berlin? Zickezacke, zickezacke? Auch nicht. Ruckizucki? Humba, humba, tätärä? Heute blau, morgen blau und übermorgen wieder? Dabei ist morgen schon Aschermittwoch. Beginn der Fastenzeit. Deshalb hätte man, streng katholisch betrachtet, einen guten Grund, heute noch mal auf die Pauke zu hauen. Das könnte man mit Thomas Pigor und seinem musikalischen Begleiter Benedikt Eichhorn machen, obwohl die Sache mit den zwölf Heiligen, die er heute um 21 Uhr in der Hechtbar in der Kastanienallee aufführt, eher in die Kategorie "wie witzig" gehört.
Morgen um 20 Uhr wäre im Literaturhaus in der Fasanenstraße dann Gelegenheit zum ausheilen von Pigors braven Spaßigkeiten. Thomas Lehr ("Nabokovs Katze") wirft erste Blicke in den "Frühling". Aber Vorsicht, diese Novelle endet tödlich: 39 Kapitel für die letzten 39 Sekunden im Leben eines Mannes. Eines Tages haben wir alle nur noch diese 39 Sekunden vor uns. Da tut es gut, daran zu glauben, dass auf den Aschermittwoch Ostern folgt: Auferstehung.
Sollten Sie übermorgen, um die Zeitvorgaben des blauen Liedleins von oben ganz abzuarbeiten, nach einem Tag Fastenzeit schon Hunger haben, werden Sie um 20 Uhr in der Alten Kantine in der Kulturbrauerei in der Knaackstraße von Christoph Bauer gut bedient. "Jetzt stillen wir unseren Hunger", heißt der Debüt-Roman, für den Bauer 1999 das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste bekommen hat.
Ebenfalls am Donnerstag stellt Michael Schneider im Buchhändlerkeller in der Carmerstraße um 21 Uhr seinen "Roman eines deutschen Jakobiners" vor. "Der Traum der Vernunft", so der Haupttitel des Buches, erzählt die Lebensgeschichte von Eulogius Schneider, deutscher Jakobiner in der Französischen Revolution, der mit einer fahrbaren Guillotine durchs Elsass zog, bevor er 1794 unter dem Menschenhobel im Alter von 38 Jahren selbst den Kopf verlor.
Wenn wir schon im 18. Jahrhundert sind, will ich im heutigen Klick der Woche einen zweiten Versuch mit den Klassikern machen. Der erste Anlauf das letzte Mal konnte, meine "Sendezeit" war um, nicht zu Ende geführt werden. Also Goethe, Schiller, Wieland, Herder, alle www: Bei Goethe.de hatte sich erwartungsgemäß ein Institut mit seiner Seite gemeldet und bei Herder.de ein Verlagshaus. So weit waren wir schon. Jetzt zu Schiller und Wieland. www.Schiller.de : Auf dem Bildschirm erscheint nicht etwa das Schiller-Archiv in Marbach oder Virtuelles aus Weimar und Jena, sondern ganz zeitgemäß Geschäftliches: "Hier entsteht die aktuelle Internet-Präsenz der Schiller Brand Company." Und bei Wieland.de teilt uns eine Firma mit: "Metall ist unser Leben." Offenbar zeigen die Klassiker statt der "Frontpage" im Internet lieber die Buchrücken im Regal.
Lea Rosh, Otto Schily, Eckhart Werthebach - tolles Trio. Und wenn es dann noch um den "wieder aufflammenden Neonazismus und Antisemitismus in Berlin-Brandenburg" geht, noch dazu in Form eines Politkrimis von Werner Sonne und Mort Ehudin, ist man ruckizucki dabei beim "Aufstand der Anständigen". Aber vergessen Sie Ihren Ausweis nicht (Sicherheitskontrolle am Eingang), wenn Sie am Sonntag um 11 Uhr 30 ins Centrum Judaicum in der Oranienburger Straße zur "Tödlichen Ehre" gehen.