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Barry Burns (35) bei Studio-Aufnahmen.

© Steve Gullick

Barry Burns: "Ich mag es, wenn Musik dich physisch trifft"

Mit der Band Mogwai prägte er den Postrock, Neukölln bereichert er um schottisches Bier: Keyboarder Barry Burns über Lautstärke, Las Vegas und Wohnungsdesaster in Berlin.

Mit „Rave Tapes“ erschien gerade Mogwais achtes Studioalbum. Die Songs sind anders als auf den Vorgängeralben, elektronischer, ohne den Laut-Leise-Kontrast …

Der ist langweilig, oder? (lacht) Wir waren davon angeödet nach dem zweiten Album. Die Leute denken immer ‚Das ist die Laut-Leise-Band’. Es ist hart, diese Einordnung loszuwerden. Der einfachste Weg, unseren Sound zu verändern, geht über neue Instrumente. Und das haben wir auf dieser Platte getan, wie auch auf den Platten zuvor.

Ihr habt euch neues Equipment besorgt?

Das ist das Wichtigste. Ich ging zu Schneiders Büro am Kottbusser Tor und habe dort viele Synthesizer gekauft. Was ich nie zuvor gemacht habe. Ich hatte immer nur einen Synthesizer. Es ist so kompliziert: Du hast da alle diese Kabel und kriegst nie zweimal hintereinander denselben Sound raus. Das ist cool, aber ziemlich schwer bei Konzerten zu reproduzieren. Ich benutze nicht die komplizierten Synthesizer, sondern habe sie digital gesampelt. Das ist nicht so gut wie der analoge Sound, aber okay.

Wie üblich haben eure neuen Songs recht ausgefallene Titel wie „Simon Ferocious“ oder „The Lord Is Out Of Control“. Wie kommt ihr auf sowas?

Alkohol hilft. (lacht) Wenn wir im Proberaum in Glasgow sind, erzählt einer der Jungs eine lustige Geschichte. Für gewöhnlich hat dann ein Teil der Geschichte einen sehr witzigen Titel. Es sind im Prinzip dumme Storys. Früher waren es Zeitungsartikel, die wir in den USA gefunden haben. Die Überschriften von Boulevard-Magazinen waren stets großartig. Aber gewöhnlich ist es so, dass wir Freitagnachts weggehen oder im Tourbus was trinken und jemand zu betrunken ist und etwas wirklich Witziges sagt. Die Titel haben keine tiefere Bedeutung.

Ist immer noch euer Ziel, die lauteste Band der Welt zu sein?

Nicht wirklich. Wir haben einen wirklich lauten Sound Engineer. Ich mag das Feeling im Jazz, wenn etwas dich dazu bringt, dich zu bewegen. Ich mag es, wenn Musik dich physisch trifft.

Eure nächste Tour führt euch nach Südostasien. Habt ihr dort überhaupt eine Fanbase, die zu euren Konzerten kommt?

Wir waren noch nie in Singapur, Kuala Lumpur, oder auf den Philippinen. Ich habe auch nicht gedacht, dass dort es dort ein Mogwai-Publikum gibt. Vielleicht ein sehr kleines. Aber es ist ein Festival, auf dem auch Chvrches und andere spielen. Wir spielen vielleicht auch in Afrika Ende des Jahres. Ich glaube, jemand hat ein Konzert in Malawi erwähnt. Das ist verrückt, oder? Ich hoffe, das klappt.

Wann habt ihr das letzte Mal vor sehr kleinem Publikum gespielt?

Komischerweise Las Vegas. 90 Leute kamen, um uns zu sehen. Da dachten wir nur, that sucks. Ich hasse diesen Ort, es ist der schlimmste Ort auf Erden. Warst du schon mal dort? Geh nicht hin. Es gibt dort null Prozent Spaß. Hundert Prozent Hitze.

Du bist seit 2009 mit deiner Frau in Berlin und seitdem eine Menge rumgekommen.

Wir sind zehnmal umgezogen! Wir haben eine Wohnung in Neukölln gekauft. Dort hatten wir Probleme mit Hausschwamm. Also mussten wir eine Menge umherziehen. Aber ich denke, Ende des Jahres können wir endlich in das Apartment, das wir mögen. Aber wer weiß … Es ist ein verdammtes Desaster. (lacht)

Hast du eine Lieblingsvenue in Berlin?

Ich hatte eine, aber die ist abgebrannt. Festsaal Kreuzberg. Ich weiß nicht, ob er wieder aufgebaut wird, hoffe es aber. Ich habe dort so viele gute Konzerte gesehen. Mogwai haben dort nicht gespielt, aber wir hätten es gerne. Kennst du das Monarch? Ich mag das wirklich an Berlin. Wir hatten so etwas Ähnliches in Glasgow. Aber es ist immer illegal. Einmal hatten die so etwas in einem alten Gefängnis. Das Männerklo war ein Verkehrshütchen, in das man reinpinkeln musste. Es war wirklich ekelhaft.

Du bist selbst auch Besitzer der Bar Das Gift in Neukölln. Wie läuft die?

Sehr gut. Wir haben dort auch Essen und sind jetzt eine Art Gastro-Pub. Leute mögen es. Für mich ist es mein Lieblingsort, wenn ich in Berlin bin, schon seit Jahren. (flüstert) Gratis-Drinks. Es gibt außerdem schottisches Flaschenbier. Das macht dich allerdings sehr schnell sehr betrunken. (lacht) Wir hatten eins mit 18%. 18%! Von einer schottischen Brauerei namens Tokyo*. Das teilst du mit vier Leuten, weil du es nicht alleine trinken kannst.

 Du hattest vor kurzem auch eine ungewöhnliche Begegnung in Berlin: Was für eine Art von Fitnessstudio ist das, in dem man den Frontmann von Dinosaur Jr., J Mascis, trifft?

Ich war in Holmes Place in der Neuen Welt, neben Huxleys. Ein Fitnessstudio im obersten Stock. Meine Frau und ich sind dort eine Weile nicht mehr gewesen. Ich hatte J Mascis schon zuvor getroffen, in Amerika. Ich sagte zu meiner Frau, Rachel, das ist fucking J Mascis! Was zur Hölle macht der hier?’ Er ist nicht der Typ, den man erwartet im Fitnessstudio zu treffen. Die nächste Woche habe ich dann Psychic TV im Festsaal Kreuzberg geschaut und habe Stephen Malkmus von Pavement getroffen. Ich sagte ihm: „Ich hab’ J Mascis im Gym getroffen.“ Und Stephen Malkmus’ Freund sagte: „Yeah, er liebt Energieriegel. Und die haben die besten Energieriegel. Ich hab’ ihm gesagt, er soll dorthin gehen.“ Er geht dort nicht hin, um Sport zu treiben. Er liebt einfach Energieriegel. What a fucking weird story.

Philipp Sickmann

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