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Diskussion: Baukultur soll Rendite bringen

Rendite durch Baukultur? Auf einer Diskussion in Berlin zeigt sich, dass auch die Intitiative Architektur und Baukultur des Bauministeriums sich da nicht ganz sicher ist.

Ganz sicher ist man sich auf Seiten der „Initiative Architektur und Baukultur“ des Bauministeriums nicht, ob sich Baukultur aus dem Blickwinkel der Immobilienwirtschaft wirklich rentiert. Ansonsten hätte man bei der Einladung zur Podiumsdiskussion „Rendite durch Baukultur?!“ mit Vertretern aus Immobilienwirtschaft, Architektur und Politik im Langenbeck-Virchow-Haus der Charité wohl auf das Fragezeichen hinter dem Titel verzichtet. Tatsächlich entlarvt der Wirtschaftswissenschaftler Guido Spars von der Bergischen Universität Wuppertal gleich zu Beginng die Hoffnung auf einen baukulturellen Mehrwert bei Investitionen als Wunschdenken: „Baukultur ist nur bei einem kleinen Teil von Immobilienprojekten marktfähig.“ Sie gilt als teuer und ist nur teilweise durch die Miete refinanzierbar.

Auch Gregor Büchner vom Immobilien- und Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle verweist auf die Gesetze des Marktes. Der Begriff der Baukultur sei in der Immobilienwirtschaft nicht vertreten. Wohl aber eine Vorstellung von Qualität. Doch die taucht nur dort auf, wo sie sich rechnet. Darin erkennt LaSalle ein „Versagen des Marktes“ in den letzten Jahren, weshalb er für Aufklärungsarbeit darüber plädiert, was Baukultur leisten kann. Und für ein staatliches Engagement, um sie zu gewährleisten.

Die aktuelle Wirtschaftskrise ist den Diskussionsteilnehmern Anlass zur Hoffnung: Die Zeiten sind vorbei, in denen Investoren kurzfristig Riesenbeträge in Immobilienprojekte stecken müssen. Der Anlagedruck sei zum Glück verschwunden. Nun kann man sich um kleinteiligere Projekte kümmern – und die sind viel stadtverträglicher, wie der Berliner Architekt Hans Kollhoff anmerkt. Sein Ruf nach einem starken Bauherrn, nach demjenigen, „der mit seinem Namen für und hinter einem Projekt steht“, verhallt jedoch an diesem Abend. Denn einem solchen Bauherrn steht – mal wieder – „der Markt“ entgegen, der Immobilien nicht aus dem Blickwinkel der Nutzung sieht, sondern als attraktive Anlageobjekte – und die müssen eben sich rentieren. Baukultur ist da bestenfalls schmückendes Beiwerk. Ein zusätzliches Zertifizierungslabel „Baukultur“ biete da keinen Ausweg, sondern schaffe höchstens Probleme bei der Finanzierung.

So verstärkt sich während der Diskussion der Eindruck, der schillernde Begriff der Baukultur sei für manchen Vertreter der Immobilienwirtschaft eine Art exotisches Gewürz, das nur begrenzt verträglich ist. Dabei sollte es sich doch um das Salz in der architektonischen Alltagssuppe handeln.

Jürgen Tietz

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