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Lebende Legende: der Pianist Alfred Brendel.

© Konzerthaus/Oliver Lang

Hommage an Alfred Brendel: Beethoven, Bücher und der Brexit

Über ein halbes Jahrhundert lang gab er Konzerte auf der ganzen Welt und nahm 114 CDs auf: Das Konzerthaus ehrt den Pianisten Alfred Brendel.

Das Adjektiv „legendär“ wehrt er in Bezug auf seine Person natürlich sofort ab. Und doch ist Alfred Brendel anzusehen, dass er sich über die Hommage freut, die ihm das Konzerthaus am Gendarmenmarkt ausrichtet. 86 Jahre ist der Pianist jetzt alt, 2008 hat er, nach über einem halben Jahrhundert auf den exquisitesten Konzertpodien der Welt und 114 CDs, seine Karriere als Klavierspieler beendet. Ungebrochen weiter aber laufen seine Aktivitäten als Schriftsteller, als Festredner sowie als Lehrer – und zwar von Tastentalenten ebenso wie von Streichquartetten, deren Repertoire der späten Beethoven- und Schubert-Werke er besonders schätzt.

Hellwach ist der alte Herr beim Pressegespräch am Mittwoch, schlagfertig pariert er die Fragen, antwortet dann druckreif und erzählt bereitwillig auch Anekdotisches. Zum Beispiel über seine Mutter. Die sich für ihren Filius doch eigentlich „einen Beruf mit Pensionsberechtigung“ gewünscht hatte: „Sie konnte mir erst verzeihen, als ich meine erste Ehrendoktorwürde erhielt und sie in London vor der Queen knicksen durfte.“

Seit 1971 ist die britische Hauptstadt die Wahlheimat des bekennenden Europäers Alfred Brendel – weshalb ihn das Brexit-Votum hart traf: „Mein erster Impuls war: Ich muss jetzt hier weggehen“, sagt der in Mähren geborene, auf der Insel Krk, in Zagreb und Graz aufgewachsene Künstler. Dann aber, fügt er seufzend hinzu, habe er sich eingestehen müssen: „Ich bin zu alt. Ich kann meine Bibliothek nicht mehr verpflanzen.“

Es drängt den Geehrten auch selber auf die Bühne

Dazu muss man wissen, dass Brendels Haus im Hampstead von oben bis unten mit Büchern vollgestopft ist. Und mit Kunstwerken. Einige davon haben jetzt den Weg nach Berlin gefunden, denn für die Dauer der Hommage vom 27. April bis zum 7. Mai wurde der Werner-Otto- Saal des Konzerthauses in einen very british living room verwandelt, mit falschem Kamin, Orientteppichen, Lesesessel, Bildern und Skulpturen, die tatsächlich aus dem Besitz des Pianisten stammen. Hör- und Video-Inseln aber gibt es auch.

Für die 14 Konzerte des Festivals durfte sich Alfred Brendel sowohl die Werke wünschen wie auch die dazu passenden Interpreten. Und er ist fest entschlossen, alle anzuhören: „Wenn ich nicht vor Erschöpfung zusammenbreche.“ Fünf verschiedene Virtuosen werden alle Klavierkonzerte Beethovens mit dem Konzerthausorchester respektive den Wiener Philharmonikern aufführen, an diesem Sonntag gibt es ein Streichquartett-Fest mit einer ganzen Handvoll Formationen, Brendels Cello spielender Sohn Adrian tritt mit Kit Armstrong auf, der Tenor Mauro Peter gibt einen Liederabend und die Akademie für Alte Musik spielt unter der Leitung der Dirigentin Emmanuelle Haim – in Brendels Augen „die Anna Magnani der Klassik“.

Und natürlich drängt es den Geehrten auch selber auf die Bühne: Am Freitag um 22.30 Uhr liest er aus seinem Gedichtband „Ein Finger zuviel“, am 5. Mai hält er einen Vortrag über „Mein musikalisches Leben“.

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