Kultur: Berliner Kunstgalerien: Sonnige Zeiten
"Berlin - durchgehend geöffnet!" Für die Galerien trifft der Werbeslogan derzeit unter Vorbehalt zu.
"Berlin - durchgehend geöffnet!" Für die Galerien trifft der Werbeslogan derzeit unter Vorbehalt zu. Auch in dieser Urlaubssaison hängt das Schild "Sommerferien" an so manchem Kunstschaufenster. Aber immer öfter nutzen Galerien die Gunst der Stunde, Daheimgebliebene und Berlinbesucher mit attraktiven Programmen zum Galerienbummel zu locken. Eine Sommerausstellung mit einem Querschnitt des Programms zeigt etwa die Galerie Fahnemann mit Arbeiten von Imi Knoebel, Günther Förg, Jürgen Meyer, Sue Arrowsmith, Nicola Stäglich und Julia Mangold (Fasanenstraße 61, bis 8. September; Dienstag bis Freitag 14-18 Uhr, Sonnabend 14-18 Uhr). Auch Dieter Brusberg meldet sich nach kurzer Pause mit der Gruppenschau "Kunstsommer 2001" zurück. Er stellt seine Neuerwerbungen der Klassischen Moderne und der Gegenwartskunst vor: von Altenbourg, Carrà, Delvaux über Ernst Heisig bis Goltsche, Laurens und Magritte (Kurfürstendamm 213 bis 1. September; Dienstag bis Freitag 10-18.30 Uhr, Sonnabend 10-14 Uhr). Mancher nutzt die Sommermonate zum Experiment: Rafael Vostell macht mit der ersten Einzelausstellung auf die junge Dresdner Malerin Annedore Dietze aufmerksam. Sie rückt Fragmente von Männerkörpern, Muskelpakete und massiges Fleisch, in den Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzung mit maskuliner Verletzlichkeit und Brutalität, Sinnlichkeit und Grausamkeit. Vergleichbares hat selbst die Nacktbadezone im Strandbad nicht zu bieten (Knesebeckstraße 30, bis 1. September; Montag bis Freitag 11-19 Uhr, Sonnabend 10-15 Uhr).
Auch rund um die Auguststrasse bereiten sich keineswegs die Galeristen im Urlaub mental auf den erhofften Ansturm des Kunstherbstes vor. Die Neue Aktionsgalerie zeigt nach ihrem Umzug eine Auswahl der nachhaltig beeindruckenden Arbeiten von Tatsumi Orimoto, die zurzeit auch auf der Biennale in Venedig zu sehen sind. Die Fotografien und Videoarbeiten seiner Serie "Art Mama" dokumentieren den Alltag seiner mittlerweile 83-jährigen, an Alzheimer erkrankten Mutter, die er liebevoll pflegt. Er schafft einerseits absurde und humorvolle Inszenierungen, die zugleich tiefe Anteilnahme und innere Berührung auslösen. Oft benutzt er Symbole für die Hilflosigkeit: ein schwerer Autoreifen, der die Mutter tief ins Sofa drückt. Oder er steckt die winzige, alte Dame in selbst gefertigte, gigantische Plateauschuhe, die jedes Fortkommen verhindern. Seine Arbeiten sind letztlich eine Hommage an das Menschsein und dessen Würde in allen Lebenslagen. (Auguststraße 20, bis 2. September; Mittwoch bis Sonntag 15-19 Uhr). Barbara Thumm gibt mit ihrer "Groupshow" mit Laura Cottingham / Leslie Singer, Ute Fründt, Ine Lamers und Bridget Smith einen Überblick aktueller Kunst im Zeitalter von Starrummel und Medienüberflutung (Dircksenstraße 41, bis 22. September; Dienstag bis Freitag 14-18 Uhr, Sonnabend 13-18 Uhr). In den Hackeschen Höfen hat sich Inge Kondeyne mit Claudia Buschings die gesamte Galerie umspannender "Zeichnung für einen geschlossenen Raum" für ihre Ferien eine passende Lösung einfallen lassen (Hof IV bis 8. September).
Elfi Kreis