zum Hauptinhalt

Kultur: CDU-Kanzlerkandidatur: Es geht um ihr Schicksal

Eine Schicksalswoche für Angela Merkel? "Nein", sagt Bernhard Vogel.

Von Robert Birnbaum

Eine Schicksalswoche für Angela Merkel? "Nein", sagt Bernhard Vogel. "Eine Schicksalswoche ist das nicht." Der thüringischer Ministerpräsident hat einiges mitgemacht in seinem politischen Leben in der CDU. Wahrscheinlich hat er also Recht. Eine "Gespensterdebatte" werde da um Wolfgang Schäubles Eignung als Kanzlerkandidat geführt, sagt Vogel weiter. Auch das mag stimmen. Das Problem ist nur: Das Gespenst geht weiter um. Wer von dieser Sitzung von CDU-Präsidium und -vorstand am Montag in Berlin eine Klärung erwartet hätte, sieht sich getäuscht. Schäuble hat weder offen Ambitionen angemeldet noch sie offen von sich gewiesen. Er hat weiter beredt geschwiegen.

Es ist infolgedessen nicht ohne innere Logik, dass nicht die Parteichefin selbst, sondern der Generalsekretär Laurenz Meyer die Ergebnisse der Gremiensitzung der Presse vorträgt. Einmütig hätten alle bekräftigt, dass es beim Fahrplan für die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur bleibe, berichtet Meyer: "Das Präsidium vertraut ganz ausdrücklich den Parteivorsitzenden, dass sie zum richtigen Zeitpunkt Anfang nächsten Jahres einen Vorschlag sowohl zum Verfahren als auch zur Person machen werden."

Unter anderen Umständen wäre diese Mitteilung vielleicht als Bestätigung für Merkel durchgegangen - es ist nämlich überhaupt das erste Mal, dass sich das CDUPräsidium amtlich mit der K-Frage befasst. Unter den gegebenen Umständen aber ist es weniger als nichts. Denn es heißt: Alles bleibt in der Schwebe. Ein Zustand, der die ohnehin angeschlagene Autorität der Parteivorsitzenden mit jedem Tag weiter zerbröseln lässt.

Merkel weiß das, kann aber wenig dagegen tun. Da mag ihre Stellvertreterin Annette Schavan im Gleichklang mit der JU-Chefin Hildegard Müller im Präsidium über den CSU-Landesgruppenchef Michael Glos klagen, der Schäuble als Kandidaten ins Gespräch gebracht hatte. Aber was hilft es, auf die CSU zu schimpfen und darüber, dass deren Chef Edmund Stoiber ja den eigenen Laden wohl auch nicht richtig im Griff habe? Im Moment heißt Merkels Problem nicht Stoiber, sondern Schäuble. Der aber redet weiterhin so vielsagend, dass er genau so gut gleich ganz schweigen könnte. "Einer mit Schäubles Erfahrung muss wissen, dass er dadurch, dass er sich nicht eindeutig als Kandidat aus dem Gespräch nimmt, Merkel beschädigt", sagt ein Vorstandsmitglied kopfschüttelnd. Was den Mann umtreibt, der einst seiner Generalsekretärin an die Parteispitze verhalf - auch unter den Spitzenleuten kursieren nur Vermutungen.

Gerade heraus ins Gesicht gefragt hat ihn keiner. Nur einer hat, indirekt, dem Nicht-Kandidaten Schäuble die K-Frage gestellt. Ob nicht dadurch, dass die jetzige Debatte anzuhalten drohe, der gesamten CDU ein erheblicher Schaden entstehe, hat Hessens Regierungschef Roland Koch angemerkt. Schäuble hat sich indes auch dadurch nicht zum Bekenntnis provozieren lassen. Er habe die Diskussion nicht ausgelöst, also: "Warum soll ich das unterbinden?" Und hat gleich noch zurückgebissen: Seines Wissens habe bisher nur einer eine Kanzlerkandidatur 2002 für sich ausgeschlossen - nämlich Koch, der sich zugleich 2006 alles offen gehalten habe. Koch hat widersprochen, das stimme so nicht. Klüger war anschließend keiner. Und es sieht danach aus, als solle dieser Zustand noch länger anhalten.

Am Sonnabend ist Merkel beim Landesparteitag der CDU in Baden-Württemberg. Da soll ein Antrag des Kreisverbands Göppingen zur Debatte stehen, die Südwest-CDU möge sich für Stoiber als Kanzlerkandidaten aussprechen. Aber selbst wenn dieser Antrag - sei es im Vorfeld, sei es von den Delegierten - abgeschmettert wird, vermögen selbst die bekennenden Merkel-Freunde kaum zu glauben, dass das der Parteichefin erkennbar helfen wird.

Derzeit spricht manches dafür, dass Bernhard Vogel auch mit einem dritten seiner Sätze - wohl ungewollt - Recht bekommen könnte. Nein, hat Vogel gesagt, so ungewöhnlich, wie es erscheine, sei die jetzige Aufregung in der Geschichte der Parteien ja gar nicht: "Was waren das für Diskussionen um den Sturz von Scharping!"

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false