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Die wichtigsten Kinostarts der Woche: Chaostage in Köln und Gandalf als Theaterkritiker
„Köln 75“ erzählt die Geschichte von Keith Jarretts legendärem Jazz-Konzert, dazu ein umstrittenes Bonhoeffer-Biopic und der brasilianische Oscar-Gewinner. Dies sind unsere Filmtipps der Woche.
Stand:
Schwere Themen: Die Folgen von Diktaturen in Brasilien und Syrien, die evangelikale Vereinnahmung eines Widerstandskämpfers und nicht zuletzt der Tod selbst werden diese Woche im Kino verhandelt.
Zum Glück gibt es auch leichtere Kost: einen Kinderfilm mit anarchischem Herz, eine tolle Altersrolle für Ian McKellen und das flotte Period Piece „Köln 75“.
1 Für immer hier
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Das Haus der Familie Paiva ist ein sicherer Rückzugsort vor Unterdrückung und Überwachung. 1971, das Militärregime in Brasilien zieht die Schlinge immer enger zu.
Der ehemalige Kongressabgeordnete Rubens Paiva (Selton Mello) und seine Frau Eunice (Fernanda Torres) leben mit vier Töchtern und Sohn Marcelo in Rio. Ihr Haus steht politisch Gleichgesinnten offen, es wird getanzt, diskutiert. Ein Zeichen des zivilen Widerstands.
Regisseur Walter Salles, der mit den Paiva-Kindern befreundet war, und sein Kameramann Adrian Teijido fangen die warme Atmosphäre der gemeinsamen Abendessen ein. „Für immer hier“, ausgezeichnet mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Spielfilm, wirkt wie eine Zeitkapsel, Musik und Super-8-Aufnahmen verstärken das Gefühl einer nostalgischen Erinnerung.
Aber mit der Nostalgie ist es bald vorbei. Eines Morgens holen Männer Rubens ab, später wird auch Eunice mit verbundenen Augen ins Foltergefängnis verschleppt. Sie kommt wieder frei, aber Rubens bleibt verschwunden.
Die Militärpolizei gibt keine Auskunft über sein Verbleiben, während Eunice vor den Kindern den Anschein von Normalität zu wahren versucht. Fernanda Torres spielt Eunice Paiva mit einem unerschütterlichen Lebenswillen, was ihr eine Oscar-Nominierung einbrachte.
„Für immer hier“ basiert auf den Erinnerungen von Marcelo Paiva an seine Eltern. Die Ungewissheit über Rubens’ Schicksal hat eine traumatische Leerstelle im Leben der Familie hinterlassen, sie steht stellvertretend für die Tausende von Menschen, die in den 21 Jahren des Militärregimes Angehörige verloren haben.
Aus Torres’ Blick spricht die Stärke, sich nicht unterkriegen zu lassen. So werden Erinnerungen bewahrt. (abu)
2 Köln 75
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Keith Jarrett hasst dieses Konzert. Der Pianist wollte es damals nicht spielen, und er will heute auch nicht seine Musik für einen Film über das Konzert zur Verfügung stellen.
Dabei ist „The Köln Concert“ seine erfolgreichste Platte. So erzählt „Köln 75“ von diesem Abend in der Kölner Oper, ohne auch nur einen Ton des Konzerts erklingen zu lassen.
Das ist okay, denn es geht um das Drumherum. So formuliert es Journalist Michael Watts (Michael Chernus), die Erzählerfigur: Wie ein Gerüst Michelangelo dazu befähigte, sein Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle zu erschaffen, so hatte auch Jarrett 1975 ein „Gerüst“, das den Auftritt Realität werden ließ.
Dieses „Gerüst“ heißt Vera Brandes (Mala Emde): Konzertveranstalterin, Jazz-Fanatikerin und damals gerade volljährig. „Köln 75“ ist ihr Film, er spiegelt die Leidenschaft seiner Hauptfigur, Ido Fluk nimmt sich als Regisseur angenehm viele Freiheiten im Erzählen.
Bei der Berlinale erklärte er, dass sich der Film wie Jazz anfühlen solle – das ist streckenweise durchaus gelungen. Vielleicht nicht wie Free Jazz, aber doch wie ein frisch variierter Standard. (sra)
3 The Critic
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Jimmy Erskine, Chefkritiker des „Daily Chronicle“, genießt seine Macht. Ian McKellen spielt ihn mit maliziöser Präzision. Mit besonderer Häme verfolgt er die Auftritte von Nina Land (Gemma Arterton), einer aufstrebenden Londoner Schauspielerin. Arroganz versteht Erskine als Auszeichnung.
Doch eine neue Ära beginnt. Der Verleger ist gestorben, sein Sohn (Mark Strong) bewundert Nina Land und rügt Erskine: „Wir mögen die Extremität Ihres Schreibens nicht. Seien sie freundlicher, more beauty, less beast.“
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Anand Tuckers „The Critic“ wirkt zunächst wie eine perfekt geölte Boulevardkomödie. Aber dann tun sich Abgründe auf. Denn Erskine ist schwul, zu einer Zeit, 1934, als das noch strafbar ist. Sein schwarzer Sekretär Tom Turner (Alfred Enoch) ist auch sein Geliebter.
Der sich immer weiter verästelnde Plot wirkt arg konstruiert, manche Nebenfigur bleibt schablonenhaft. Aber Ian McKellen rettet den Film. Wie er hineinkriecht in seine Rolle, ist großartig. (chs)
4 Die Schattenjäger
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Literaturdozent Hamid (Adam Bessa) ist aus Syrien geflüchtet und hofft auf Asyl in Frankreich. Als Mitglied einer geheimen Zelle von ehemaligen Gegnern des Assad-Regimes gehört er einem Netzwerk an, das in Europa flüchtige Kriegsverbrecher des syrischen Regimes aufspürt und der Justiz übergibt.
An der Straßburger Uni glaubt er, in einem Kommilitonen seinen Folterer Harfaz (Tawfeek Barhom) zu erkennen. Da er diesen nur an Stimme und Geruch identifizieren kann, muss er sich auf seine Intuition verlassen.
Hamid hört sich Aussagen von Folteropfern an, verfolgt Harfaz auf Schritt und Tritt, getrieben von Rachegelüsten und Zweifeln. Die Wirklichkeit hat Jonathan Millets Debütfilm mittlerweile überholt. Der syrische Diktator Assad wurde im November 2024 entmachtet.
Die Qualitäten des Psycho-Dramas, das im vergangenen Mai in Cannes seine Premiere feierte, liegen denn auch nicht in seiner Aktualität oder seinem Thrill, sondern in seiner Universalität, mit der hier zeitlose Fragen über Rache und Vergeltung verhandelt werden. (abu)
5 Der Prank - April, April!
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Mit einer toten Katze in der Mikrowelle beginnt das Chaos. Der Aprilscherz bringt den chinesischen Gastschüler Xi Zhou (Max Zheng) auf die Idee, diese „deutsche“ Tradition am Gangsterrapper-Freund der Tochter seiner Gastfamilie auszuprobieren.
Er vertauscht heimlich einen Pizzakarton, den Schaaf (Cedric Eich) ausliefern soll. Dass sich darin dummerweise ein Haufen Geld befindet, löst eine Kettenreaktion von Komplikationen aus.
Und so findet sich der zwölfjährige Lucas (Noèl Gabriel Kipp) – zunächst widerwillig – an der Seite von Xi Zhou wieder, der seinen Fehler gut machen muss, bevor die Gangster (oder der Freund seiner Schwester) den Verlust des Geldes bemerken.
Berliner-Schule-Regisseur Benjamin Heisenberg überrascht mit „Der Prank“, ein Kinderfilm mit dem atemlosen Flow seines Krimis „Der Räuber“. Zweifellos inspiriert von den „Rico & Oscar“-Filmen unternehmen Lucas und Xi Zhou eine Schnitzeljagd durch Berlin, verfolgt von tölpelhaften Gangstern und Polizisten.
Die Witze sind albern, und die Sprache klingt schon etwas berufsjugendlich, aber die Chemie zwischen den Darstellern stimmt. Selten genug begegnet einem im deutschen Kino ein Kinderfilm mit anarchischem Herz. (abu)
6 Bonhoeffer
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Das hatten sich Jonas Dassler, Moritz Bleibtreu und August Diehl sicherlich anders vorgestellt, als sich unsere Kinostars für ein Biopic über den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer unter der Regie von Todd Komarnicki („Sully“) verpflichten ließen.
Die altmodische Filmbiografie wurde für den amerikanischen Markt jedoch auf eine Weise promotet, dass die Beteiligten sich gezwungen sahen, sich von den rechten US-Evangelikalen zu distanzieren, die Bonhoeffer auch als Filmfigur für sich vereinnahmen wollten.
Der Untertitel „Pastor. Spy. Assassin“ und die Pistole in der Hand des Theologen sind zwar für Deutschland vom Filmplakat getilgt worden, doch erscheint die Debatte um den Film spannender als die biedere Verfilmung mit ihren historischen Ungenauigkeiten. Immerhin, eine Debatte.
Wie Bonhoeffers Auseinandersetzung mit dem bewaffneten Widerstand gegen Hitler ihn zum rechten Vorbild für den religiös grundierten, gewaltbereiten Kampf gegen eine vermeintliche Diktatur woken Establishments werden ließ, das wäre ein spannendes Thema für einen aufschlussreichen Dokumentarfilm. (ipa)
7 Sterben ohne Gott
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Werden wir nach unserem Tod irgendwie weiterexistieren? Zum Beispiel als Kopfsalat? Der Philosoph Franz Josef Wetz erklärt naturmystische Jenseitsvorstellungen mit der kreatürlichen Angst vor dem Tod.
Sieben (ausschließlich männliche) Experten zum Thema lässt Moritz Terwesten in seinem Essayfilm zu Worte kommen. Leider wird den charismatischsten Protagonisten, dem Forensiker Mark Benecke (Foto) und dem Horror-Regisseur Jörg Buttgereit, eher wenig Screen Time eingeräumt, während die anderen sich arg länglich über existenzielle Fragen auslassen.
So bleibt „Sterben ohne Gott“, trotz bemühter Versuche, den Gedankenstrom mittels Animationen, Musik und Bildmontagen kinogerecht aufzupeppen, eine ermüdende Seherfahrung mit begrenztem Erkenntnisgewinn. (wun)
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