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Comedian Trevor Noah zu Gast in Berlin: Der Anti-Nuhr
Nicht nur in den USA ist der Stand-up-Comedian und Moderator ein Star. Im Tempodrom zeigt sich der Südafrikaner bei der ersten seiner fünf Shows treffsicher, böse und brav zugleich.
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Als Trevor Noah im vergangenen Dezember seinen Abschied von der „Daily Show“ des US-Senders Comedy Central zelebrierte, die er sieben Jahre lang als „Host“ bestritten hatte, kündigte er an, erst einmal eine Auszeit nehmen und um die Welt reisen zu wollen.
Einen neuen Job habe er noch nicht, nur verschiedene Pläne. Seine schwarze Mitarbeiterin Dulcé Sloan meinte dazu nur spitz, ein Sabbatical zur Selbstfindung zu nehmen, das klinge nach einer ziemlich „weißen“ Attitüde. Ein Erwachsener, der keinen Job habe, sei in ihren Augen schlicht arbeitslos.
Solche Witze über angeblich „weiße“ und „schwarze“ Eigenheiten und Stereotype, über kulturelle und nationale Unterschiede gehören zum Standardrepertoire des südafrikanischen Comedians. Aber arbeitslos ist Trevor Noah noch lange nicht. Seine internationale Stand-up-Tour „Off the Record“ führt ihn in den kommenden Monaten nach Paris, London, nach Südafrika und in mehrere Städte der USA. Am Dienstagabend hatte er seinen ersten von insgesamt fünf Auftritten im Berliner Tempodrom, die Termine waren alle im Nu ausverkauft.
Zur Einstimmung macht Noah am Dienstag erst einmal Witze über den Bau, der einem Zirkuszelt nachempfunden ist, und verknüpft das mit seinem speziellen Verhältnis zu seinem Vater, der in der Schweiz lebt: Der nämlich kenne den Unterschied zwischen einem Comedian und einem Clown nicht. Seine äußerst ungewöhnliche Familiengeschichte ist den meisten seiner Fans bekannt.
Trevor Noah hat sie in seinem lesenswerten Buch „Born a crime“ aufgeschrieben, das 2017 auf Deutsch unter dem Titel „Farbenblind“ erschienen ist. Wie er als Spross aus einer damals noch illegalen Beziehung zwischen einer schwarzen Mutter und einem weißen Vater im Südafrika der Apartheid-Ära aufwuchs, zunächst in Armut im Township Soweto, das erzählt er in urkomischen Episoden, die den Ernst und die Tragik dieser Geschichte aber an keiner Stelle verleugnen.
Sein familiärer Hintergrund ist vielen aber auch aus der „Daily Show“ oder seinen diversen Netflix-Programmen vertraut, auch dort flicht er immer wieder Anekdoten aus seinem Leben ein.
Host der „Daily Show“
2015 trat Trevor Noah, damals noch weithin unbekannt, die Nachfolge von „Daily Show“-Legende Jon Stewart an. Er füllt die großen Fußstapfen auf seine Weise aus: durch seinen speziellen Blick auf die Dinge, insbesondere beim Thema Rassismus. Trevor Noah ist der Anti-Nuhr.
Während sich der deutsche Star der ARD-Abendunterhaltung verbissen an vermeintlich übertriebener „Wokeness“ reibt, zeigt der Stand-up-Superstar aus den USA, wie ergiebig es sein kann, ab und an die Perspektiven zu wechseln. Herausragend ist aber auch sein Talent als Stimmenimitator und sein Sinn für Situationskomik, die er mit Mimik und Gestik gekonnt auf die Spitze treibt.
In Berlin gibt er von all dem ein paar Kostproben. Treffsicher macht er sich über die deutsche Nationalhymne lustig. Böse wird es, wenn er darüber sinniert, warum so viele Menschen Schadenfreude empfinden angesichts von Milliardären, die in einer Kapsel auf den Meeresgrund tauchen wollten und starben.
Als er das alte Stereotyp aufgreift, dass Weiße angeblich nicht tanzen können, endet die Pointe eher versöhnlich. Was ein wenig fehlt, ist die politische Schärfe, die in der „Daily Show“ immer wieder durchklang. Trevor Noahs Gastspiel erinnert an einen Spezialitätenkoch, der aus seinen Gerichten Chili entfernt, damit sie einem europäisch sozialisierten Gaumen besser munden. Da hätte er dem Publikum ruhig mehr zutrauen können.
Viel Raum räumt er seinem Hass auf Fluglinien ein, die er als Plage unserer Zeit ausmacht. Aber nicht aufgrund ihrer Ökobilanz. Das Thema Klimakrise kommt gar nicht vor. Sondern, weil ihre Sitzplatz-Schikanen und ihre Preispolitik der Menschheit den uralten Traum vom Fliegen vermiesen. Das klingt dann doch eher nach „First-World-Problems“, nach Luxusproblemen. Aber die hat man wohl, wenn man in der obersten Liga spielt.
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