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Filmkritik & Verlosung: Die Grübelmännchen

1 zu 1 gewonnen und verloren - Zack Snyders Comic-Hommage „Watchmen“ ist mutig und feige zugleich.

Was wäre, wenn es Superhelden gäbe in der realen Welt? Eine vom Staat geduldete Bürgerwehr, ohne Superkräfte zwar, aber mit Strumpfhosen, Sonderrechten und ordentlichem linken Haken? Dieses Gedankenspiel liegt „Watchmen“ zugrunde, Alan Moores ambitioniertem Bilderroman von 1986. Gemeinsam mit seinem im selben Jahr veröffentlichten Schwesterwerk, Frank Millers Batman Neuschöpfung „The Dark Knight Returns“, läutete Moore eine Heldendämmerung ein, von der sich das Genre nie erholt hat: Heute grübeln alle Helden. Und aus Comic-Kinderkram wurde die „Graphic Novel“ für Erwachsene.

Es ist das Jahr 1985. Die Welt befindet sich in der Angststarre des Kalten Kriegs. Eine Gruppe maskierter Ordnungshüter, mittlerweile in den Ruhestand gezwungen, half den Vietnam-Krieg zu gewinnen. Nixon steht vor seiner dritten Amtszeit, die Sowjetunion vor dem Einmarsch in Afghanistan, Henry Kissinger lässt mobil machen. Nur zwei der „Watchmen“ sind noch aktiv. Dr. Manhattan (Billy Crudup), nach einem Labor-Unfall der einzige „Watchman“ mit Superkräften, ist Amerikas wichtigste Abschreckung. Rorschach (Jackie Earle Haley), ein paranoider, von der Polizei gesuchter Rächer wildert auf eigene Faust in der Unterwelt von New York. Die anderen stoßen auf alte Zeiten an, sind sadistisch oder impotent oder irre oder reich geworden. Dann wird der „Comedian“ (Jeffrey Dean Morgan) ermordet. Rorschach wittert eine Verschwörung. Aber warum sollte jemand die alten Helden ausknipsen wollen?

Der Film ist auf eigentümliche Weise faszinierend

Lange Zeit galt „Watchmen“ als unverfilmbar. Denn das ultra-finstere Antiheldenepos hat keine Geschichte zu erzählen, sondern ist ein kompliziertes Gefüge aus Rückblenden, Zeitsprüngen und anderen eingebetteten Handlungssträngen.

Ein derart dicht gewebter Szenenteppich ist der Gattung des Comics vorbehalten: Alan Moore wollte mit „Watchmen“ dessen spezifische Ausdrucksmittel voll zur Geltung zu bringen.

Seit Jahren wird daher schon an einem Film herumgewerkelt. Terry Gilliam, Darren Aronofsky und Paul Greengrass streckten die Waffen. Nun hat Zack Snyder („300“) das monströse Ding gebändigt: Vieles musste er weglassen, aber das, was da ist, entspricht fast 1:1 der Vorlage.

Das ist mutig und feige zugleich. Feige, weil man sich der Macht der Fans beugt, die sich im Internet organisieren und ihr Lieblingsbuch hüten wie das Gründungsdokument einer Religion, das nur sie auszulegen verstehen. Dieser Werktreue entspringt jetzt ein Film, der zwar gut aussieht, zugleich aber reichlich irrelevant ist: Moores Szenario watet tief in der Paranoia der 80er und den Protestbewegungen der 70er Jahre. Christopher Nolan nutzte für seine Batman-Filme die Vorgaben Millers für eine zeitgemäße Parabel über Terror und die Instrumentalisierung von Angst. Zack Snyder hat nur Bilder abgefilmt.

Mutig ist „Watchmen“, weil dabei ein sehr eigentümlicher Film entstanden ist, der jenseits der Fan-Kreise sein Publikum noch finden muss. Denn diese eher spröde und weit ausgreifende Bildfolge hat mit bisherigen Superhelden-Filmen nichts gemein. Es fehlt „Watchmen“ jegliche dramatische Wucht, und doch ist er auf eigentümliche Weise faszinierend: kalt, monumental und fast meditativ.

Weitere Artikel, Interviews und Analysen zu "Watchmen" finden Sie auf den Comicseiten des Tagesspiegels.

Hinweis: Unsere Watchmen-Verlosung ist beendet, die Gewinner werden per Post benachrichtigt.

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