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Auf der Flucht: Eine Seite aus dem besprochenen Buch.

© Mairisch

„Die Wurzeln der Lena Siebert“ von Raphaela Buder: Mit kindlichem Blick

Die preisgekrönte Comic-Erzählung „Die Wurzeln der Lena Siebert“ handelt von einer besonderen Mutter-Tochter-Beziehung. Sie zeigt aber nur eine der Facetten der Berliner Zeichnerin Raphaela Buder.

Mit „Die Wurzeln der Lena Siebert“ ist bereits der dritte Comic im kleinen Hamburger Mairisch-Verlag erschienen, der mit dem Graphic-Novel-Förderperis AFKAT ausgezeichnet wurde. Nach „Flash Preußen“ 2013 und „Vergiss nicht, das Salz auszuwaschen“ 2014 fiel die Wahl der Jury in diesem Jahr auf Raphaela Buders Bachelor-Arbeit, die an der Kunsthochschule Burg Gienichenstein entstanden ist. Darin erzählt Buder, die zur Zeit ein Masterstudium an Universität der Künste in Berlin absolviert, aus der Perspektive der fünfjährigen Lena, die zu Pflegeeltern kommt, weil ihre Mutter in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden muss.

Die alleinerziehende Mutter fühlt sich ständig verfolgt und ist davon überzeugt, dass „die Scientologen“ sich verschworen haben, um ihr und ihrer Tochter Leid anzutun. So liebevoll sie im Umgang mit ihrer Tochter auch ist, das Misstrauen gegen alle Menschen und die ständige Angst vor einer diffusen Bedrohung impft sie auch ihrer Tochter ein. Eines Tages wird Lenas Mutter dann vor dem Eingang zum Supermarkt plötzlich handgreiflich und ohrfeigt eine Frau. Das ist für die Behörden, die Frau Siebert schon länger im Auge haben (das Jugendamt stattet ihr regelmäßig Besuche ab), der Anlass zum Handeln: Lenas Mutter wird in eine Klinik eingewiesen und das Mädchen kommt zu einer Pflegefamilie, die sich liebevoll um sie kümmert.

Monster unterm Bett

Lenas Zeit dort, die Besuche bei ihrer Mutter und eine Episode, in der Frau Siebert eines der regelmäßigen Treffen mit ihrer Tochter auf einem Spielplatz nutzt, um zusammen mit Lena ans Meer zu entfliehen – all das erzählt Raphaela Buder anhand von Szenen, die kurze Schlaglichter auf Lenas Leben werfen und sich chronologisch zu einer Erzählung zusammenfügen. Ihre Bleistiftzeichnungen sind durch Flächen mit unterschiedlicher Schraffierung strukturiert. Dieser Stil und auch die etwas kindlich gezeichnet wirkenden Figuren passen sehr gut zu der Tatsache, dass aus Lenas Perspektive und dadurch mit kindlichem Blick erzählt wird. Buder gelingt es, Lenas Zerrissenheit zwischen der neuen Geborgenheit in der Pflegefamilie und der Sehnsucht nach ihrer Mutter spürbar zu machen.

Mit dem Förderpreis AFKAT ausgezeichnet: Das Cover von „Die Wurzeln der Lena Siebert“.
Mit dem Förderpreis AFKAT ausgezeichnet: Das Cover von „Die Wurzeln der Lena Siebert“.

© Mairisch

Dieser Stil scheint jedoch nicht speziell für die Anforderungen dieser Geschichte gewählt worden zu sein. Wirft man einen Blick auf das bisherige Portfolio der Zeichnerin, dann finden sich diese äußerst kleinteiligen Schraffuren in Blei- oder Buntstift in nahezu jedem ihrer bisherigen Comics. Und auch die kindlich anmutende Gestaltung der Gesichter begegnet einem dort immer wieder. So zum Beispiel auch in zwei kürzeren Beiträgen für ein bulgarisches Comic-Magazin und für das Fumetto 2014. Zwar geht es auch in einem der beiden Kurzcomics um ein kleines Mädchen, das ein Monster unter seinem Bett findet, dennoch wirken die Zeichnungen auf die Dauer etwas eintönig.

Zum Glück zeigt die Zeichnerin auf ihrem Blog jedoch, dass sie stilistisch noch mehr zu bieten hat. Dort gibt es einen kurzen Einblick in ihr aktuelles Comicprojekt und die vier Seiten, die man dort zu sehen bekommt, präsentieren einen ganz anderen Stil. Während man in „Die Wurzeln der Lena Siebert“ große weiße Zwischenräume zwischen den Panels findet, werden die einzelnen Bilder hier durch schwarze Linien voneinander abgegrenzt. Die Mimik der Figuren wirkt weniger kindlich und die Schraffuren sind aquarellierten Schatten gewichen. Man darf also zu Recht gespannt sein auf die nächsten Comics der Zeichnerin.

Raphaela Buder: Die Wurzeln der Lena Siebert, Mairisch, 128 Seiten, 14,90 Euro

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