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Ein Baugerüst als Aussichtsplattform: Blick auf den Pergamonaltar mit Flaschenzug.

© dpa/Markus Lenhardt

Erster Rundgang: Das Pergamonmuseum auf dem Weg zur Wiedereröffnung

Ab Frühjahr 2027 sind Pergamonaltar und Nordflügel wieder zu besichtigen. Anlässlich der Vollendung des ersten Bauabschnitts lud die Preußenstiftung zum ersten Rundgang ein.

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Die Aussicht ist spektakulär, aus dieser Perspektive war der Pergamonaltar noch nie zu sehen und wird es auch nicht mehr sein: meterhoch über dem Boden, fast schwebend, auf gleicher Höhe mit dem oberen Säulengang. Möglich macht es ein temporär im Pergamonsaal platziertes Arbeitspodest samt motorbetriebenem Flaschenzug, der die bis zu 850 Tonnen schweren Elemente des Telephosfries nach oben befördern soll. Beim ersten Rundgang vor der Wiedereröffnung im Frühjahr 2027 dürfen sich hier oben nicht nur Steinrestauratoren tummeln, sondern ausnahmsweise auch Journalisten.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat zur Vorbesichtigung geladen anlässlich der Fertigstellung von Bauabschnitt A, genauer: von Mittelbau und Nordflügel. Nachdem sich in den Köpfen festgesetzt hatte, das restaurierte Pergamonmuseum mit ergänztem viertem Flügel zum Kupfergraben hin, werde erst wieder in den späten 2030er Jahren zu besuchen sein und mancher spöttelte, das dann nicht mehr zu erleben, musste dringend eine gute Nachricht her: Die Wiedereröffnung des gesamten Museums mag zwar so lange dauern, aber – ta ta taaam! – der berühmteste Teil, der Pergamonaltar, ist schon im Frühjahr 2027 zu besichtige

Teile des Telephosfries warten darauf wieder montiert zu werden.

© dpa/Markus Lenhardt

Zur Unterstreichung der frohen Kunde und um den erfolgreichen Zwischenstand zu zelebrieren, sind Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, die Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Petra Wesseler, und natürlich Stiftungspräsidentin Marion Ackermann gekommen. Auch Jan Kleihues spricht, der die Werkgemeinschaft Pergamonmuseum vertritt und den Entwurf des 2007 verstorbenen Architekten Oswald Mathias Ungers ausführt: „Architektur ist Kunst - die Kunst, zu bauen,“ zitiert er den Kölner Baumeister und ergänzt ihn mit den Worten „Wahre Architektur verbindet Kunst und Nutzen.“

Ein großer Moment für Architekten, Museumsdirektoren, Restauratorinnen

Für die Architekten, Museumsdirektoren, Restauratorinnen ist es ein großer Moment, denn endlich können sie zeigen, was sich in den letzten Jahren hinter Bauzäunen und Planen getan hat, bevor die Exponate wieder einziehen und der Betrieb aufgenommen werden kann. Staatsminister Weimer jubelt, als wäre es schon so weit: „Die ganze Welt blickt gebannt auf diesen Ort. Eine Schatztruhe der Menschheit geht wieder auf. Die Herzkammer der Museumsinsel beginnt wieder zu schlagen.“

An der Mschatta-Fassade wird noch gearbeitet: Steinrestauratoren ziselieren an Greifen, Löwen und Rosetten.

© imago/epd/imago/Christian Ditsch

Später wird der Direktor der Antikensammlung Martin Maischberger auf die Frage, ob es woanders nicht doch etwas Vergleichbares gäbe, beherzt mit „Nein“ antworten. Dass ganze Bauensemble aus verschiedenen Kulturen und Zeitaltern unter einem Dach vereint sind, sei einmalig, UNESCO-Welterbe eben.

Das Besondere teilt sich auch im provisorisch für einen Vormittag geöffneten Museum mit. Der Pergamonaltar steht einfach überwältigend da. Nachdem in den 1990er und 2000er Jahren bereits der Fries restauriert worden war, zeigt sich nun auch der Altar selbst wieder hergerichtet: Die Kanneluren der Säulenschäfte, jene senkrechten Rillen, sind wieder zu sehen, bis zu fünf Farbschichten mussten dafür herunter.

489
Millionen Euro kostet der erste Bauabschnitt des Pergamonmuseums

Ansonsten ist wenig Neues zu sehen, die Wand erstrahlt in hellblauem Putz, der an den Himmel denken lässt, die Lichtdecke gibt sich frisch. Die Herausforderung bestand schließlich gerade darin, die Ertüchtigung möglichst verborgen zu halten. Für das Pergamonmuseum stellt es die erste Sanierung seit seiner Eröffnung 1930 dar: verbliebene Kriegsschäden waren noch auszubessern, Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, Barrierefreiheit herzustellen, das Klima zu optimieren.

Hinzu kommt die Herrichtung des Nordflügels für das Museum für Islamische Kunst, das samt Mschatta-Fassade aus dem Südflügel herüberzieht. 489 Millionen Euro kostet der erste Bauabschnitt, insgesamt gibt der Bund 1,2 Milliarden Euro. Man bleibe im Budget- und Zeitrahmen, verspricht BBR-Präsidentin Petra Wesseler.

Bauleiter Andreas Erdmann gibt bei seiner Führung eine Ahnung davon, was sich hinter den Kulissen abspielte. Erschütterungssensoren waren überall angebracht. Sobald der Alarm schrillte, mussten die Arbeiter ihre Tätigkeit unterbrechen, um die in situ verbliebenen Antiken nicht zu gefährden. Durch Gewichtsverlagerungen hob und senkte sich der Boden, im Saal der hellenistischen Architektur nebenan kam es zu zentimetergroßen Rissen.

Davon ist keine Spur mehr zu sehen. Stattdessen wurde der Urzustand rekonstruiert. Das dort zuletzt gezeigte Bodenmosaik ist in den Telephossaal oberhalb des Pergamonaltars verlegt, damit wieder der Eindruck einer Agora entsteht. Die Sicht fällt nun direkt auf die zurückgekehrte Statue von Athene, die während der Bauarbeiten ans Metropolitan Museum in New York ausgeliehen war.

Eine Schatztruhe der Menschheit geht wieder auf. Die Herzkammer der Museumsinsel beginnt wieder zu schlagen.

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

Die größten Probleme bereitete der lange Saal im Nordflügel, mit dem man das Museum für Islamische Kunst betritt. Er wurde mit großzügigen Bogenöffnungen zum benachbarten Raum mit der Mschatta-Fassade geöffnet, damit der Blick auch von weiter weg über die imposante Front des ehemaligen Wüstenschlosses wandern kann. Noch sitzen Steinrestauratoren auf Gerüsten und ziselieren an den Greifen, Löwen und Rosetten.

Auch im Schlütersaal hat noch einiges zu passieren, der in Ungers’ Planung eigentlich als Scharnier für den vierten Flügel gedacht ist. Bis dahin dient er als Schaufenster für das Vorderasiatische Museum, das erst in zehn, zwölf Jahren seine eigentlichen Räume bezieht. Von den bislang gezeigten 2200 Objekten muss es hier seine Ausstellung auf 60 Exponate verdichten.

Die gewaltige Figur eines Assyrerkönigs steht bereits da und wartet geduldig. Das tut er eigentlich schon seit Hunderten Jahren. Für das Pergamonmuseum dauert der Countdown nur noch 16 Monate. Wir beginnen ab jetzt zu zählen, kündigt Marion Ackermann zuversichtlich an.

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