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Blick auf die barocke Altstadt Dresdens mit dem Hausmannsturm.

© promo

Yadegar Asisi: Das Publikum führt Regie

Der Künstler Yadegar Asisi ist ein Architekt der Illusionen. Aus Tausenden von Fotos und 3-D-Animationen schafft er monumentale Stadtpanoramen, die einen einmaligen Rundblick auf die Geschichte bieten. In Dresden und Leipzig schickt er die Besucher auf eine historische Spurensuche.

Dramatisch brechen sich Sonnenstrahlen Bahn durch den bedrohlich wirkenden Himmel über dem Hausmannsturm des Dresdner Residenzschlosses. Mit seinen 97 Metern gehört er zu den markanten Wahrzeichen der einstigen Hauptstadt sächsischer Kurfürsten und Könige. Auf dem Balkon des Turmes vergnügt sich eine höfische Gesellschaft und schaut neugierig auf die Stadt hinab – ähnlich dem Besucher des neu überarbeiteten Dresden-Panoramas von Yadegar Asisi, das die barocke Stadt um 1750 in verschiedenen Facetten zeigt. In der Laterne in der Turmspitze hat sich auch der Künstler mit seinen Mitarbeitern verewigt – natürlich zeitgemäß gewandet.

Im ehemaligen Gasometer in Dresden-Reick steht der Betrachter etwas erhabener als die Gesellschaft auf dem Schlossturm. Die Aussichtsplattform wurde auf 15 Meter erhöht. Insgesamt ist das 360-Grad-Panorama 27,5 Meter hoch und 108 Meter lang.

Mittendrin wähnt sich der Besucher auf dem Turm der Hofkirche und genießt eine atemberaubende Aussicht auf die Elbmetropole mit dem Residenzschloss. Etwas weiter links erscheint im Hintergrund der mächtige Bau der Kreuzkirche. Und ganz am Rand des Panorama-Ausschnittes markiert die Frauenkirche deutlich das barocke Dresden.

Der Blick schweift langsam über das Schloss, die Stadt und geht weit bis zum Horizont. Hinter der Frauenkirche ahnt man noch die Festung Königstein, ansonsten erstrecken sich dort sanft geschwungene Hügel und goldgelbe Felder.

Das Panorama entsteht als Fotomontage am Computer

Dieser Teil der Stadt bildet den historischen Kern Dresdens, den man seit Mitte des 15. Jahrhunderts als Neuendresden bezeichnete. Die am anderen Ufer gelegene jetzige Neustadt wurde dagegen Altendresden genannt. Es herrscht reger Verkehr in der Schlossgasse und den übrigen Straßen der Altstadt. Damals lebten rund 50 000 Einwohner in der Stadt.

Asisi ist dafür bekannt, dass er in dieses scheinbar unendliche Gewimmel historische Details einbaut und so Persönlichkeiten ins Spiel bringt, die zu jener Zeit wichtig waren. Auf dem Schlosshof kann man gerade noch erblicken, wie die „Sixtinische Madonna“ von einem Planwagen geladen wird. Damit man das berühmte Gemälde von Raffael erkennt, hat Asisi in einem Anflug künstlerischer Freiheit das Tuch ein wenig verrutschen lassen. Die Hofgesellschaft ist entzückt.

Diese und alle anderen historisch gekleideten Figuren des Panoramas wurden bei unzähligen Fotoshootings im benachbarten Gasometer aufgenommen, zu bestimmten Szenen arrangiert und anschließend am Computer überarbeitet – eine gigantische Arbeit.

In Leipzig steht das Leben in der besetzten Stadt im Fokus

Das Verwirrende an den hyperrealistischen Panoramen ist, dass man nicht immer auf den ersten Blick das historische Bild erkennt, sondern dort, wo die Stadtsubstanz erhalten oder wiederaufgebaut wurde, der Illusion vollständig erliegt. An anderen Stellen werden wiederum die Eingriffe und Veränderungen im Laufe der Geschichte sichtbar, wie etwa beim Anblick des Zwinger-Areals.

Im Prinzip zeigt sich der Zwinger so, wie wir ihn kennen. Allerdings fehlt die Sempergalerie für die Gemäldesammlung, die erst Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Nordwestlich der Anlage erkennt man noch den großen Marstall, der heute nicht mehr existiert. Nicht zuletzt wegen dieser Detailverliebtheit vermittelt Asisi eindrucksvoll das barocke Leben Dresdens und setzt der prächtigen Stadt an der Elbe ein herrliches Denkmal.

Der zweiten sächsischen Metropole gilt ein weiteres Panorama, das im vergangenen Jahr entstand – „Leipzig 1813 – in den Wirren der Völkerschlacht“. Im Gegensatz zu den historischen Panoramen vergangener Jahrhunderte ging es Asisi dabei aber nicht um die Darstellung eines heroischen Kampfgeschehens. Im Fokus steht die Situation der von Franzosen besetzten Stadt kurz vor deren Rückzug. Diesmal steht der Betrachter vermeintlich auf dem Dach der Thomaskirche und verfolgt gebannt das Geschehen. Am Horizont tobt die Schlacht, während sich in der Stadt die Dinge verändern. Besucher, die sich zuvor in Leipzig umgesehen haben, werden anschließend mit der Topografie leichter zurechtkommen.

Beide Großbilder werden übrigens jeweils in einem gestalteten Rundgang unterhalb des Panoramas von einer einleitenden Ausstellung zur Geschichte der Stadt flankiert, bevor man den Beobachtungsturm besteigt, der den Besucher zum Regisseur seines persönlichen historischen Films macht.

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