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Post aus Liechtenstein: Das "vierte" Reich

Das Jüdische Museum Berlin hat Post bekommen. Fürstliche Post sogar - aus Liechtenstein. Eigentlich hatte das Museum nur um eine Leihgabe aus der fürstlichen Gemäldesammlung angefragt. Doch die Absage aus dem Steuerparadies enthielt erschreckende Untertöne.

Es ist nicht das erste Mal, dass es wegen Ausstellungsanfragen zum Zwist zwischen deutschen Museen und dem Fürsten von Liechtenstein kommt. Im Mai 2008 wollte die Neue Pinakothek in München „Wiener Malerei des Biedermeier“ zeigen, unter anderem mit Leihgaben aus der Sammlung des Fürstenhauses. Im März wurde die Zusage für diese Leihgaben kurzfristig zurückgezogen, aus Verärgerung über Ermittlungen deutscher Behörden gegen Steuersünder in Liechtenstein. Die Ausstellung wurde abgesagt.

Nun gib es erneut Streit, diesmal allerdings mit erschreckenden Untertönen. Das Jüdische Museum in Berlin hatte für seine Ausstellung „Raub und Restitution – Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute“, die nächste Woche eröffnet wird, ein Gemälde von Frans Hals aus der fürstlichen Sammlung angefragt, das früher zur Sammlung Louis von Rothschild in Wien gehörte. Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein lehnte in einem Brief an den Direktor des Jüdischen Museums, Michael Blumenthal, die Leihgabe ab und verwies dabei auf die Weigerung Deutschlands, ein Gemälde herauszugeben, das nach dem Krieg in der damaligen Tschechoslowakei konfisziert worden war. Restitutionsklagen waren von mehreren Gerichten abgelehnt worden.

Der Brief enthielt folgende Passage: „Was die deutschliechtensteinischen Beziehungen betrifft, warten wir hier auf bessere Zeiten, wobei ich zuversichtlich bin, denn in den vergangenen zweihundert Jahren haben wir immerhin schon drei Deutsche Reiche überlebt, und ich hoffe, wir werden auch noch ein viertes überleben.“ Der Zürcher „Tages-Anzeiger“ veröffentlichte den Brief vom 24. Juni am Donnerstag als Faksimile.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland verurteilt die Äußerung scharf. „Der Fürst verharmlost die Verbrechen der Nationalsozialisten, indem er die Bundesrepublik in eine Reihe mit dem Dritten Reich stellt“, sagte der Vize-Präsident des Rates, Salomon Korn. Die Äußerungen seien „völlig abwegig“. Zudem sei Blumenthal der falsche Adressat für solch ein Schreiben. Auch die Museumssprecherin in Berlin wirft dem Fürsten Verharmlosung des Nationalsozialismus „in unverantwortlicher Weise“ vor. Gestern ruderte man in Liechtenstein zurück: Der Fürst habe mit seinem Schreiben „in keiner Weise beabsichtigt, die grauenhaften Ereignisse des Dritten Reiches zu verharmlosen“, verkündete eine Pressemitteilung. 

Christina Tilmann

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