Mauerschützen-Buch: DDR-Grenzoffizier darf genannt werden
In dem Buch "Deutsche Gerechtigkeit" über die Mauerschützenprozesse darf der Name eines DDR-Grenzoffiziers wieder genannt werden. Ein Gericht hatte zuvor die Verbreitung des Buches von Roman Grafe untersagt.
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Berlin - Das Berliner Landgericht hatte 2006 in erster Instanz auf Antrag des Offiziers verfügt, dass das Buch "Deutsche Gerechtigkeit" von Roman Grafe aus dem Siedler Verlag (München) nicht mehr verbreitet werden darf. Der Offizier, der heute bei der Bundespolizei arbeitet, hatte sich gegen die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit den Todesschüssen auf den DDR-Flüchtling Chris Gueffroy an der Berliner Mauer gewehrt. Das Kammergericht gab nun der Berufungsklage von Verlag und Autor statt.
Gueffroy war das letzte Todesopfer an der Berliner Mauer. Der 20-Jährige wurde im Februar 1989 bei einem Fluchtversuch erschossen. Das Kammergericht urteilte, der Mann könne genannt werden, da er selbst seine Vergangenheit sowie seine jetzige Tätigkeit durch Vorträge und in einem Fernsehbeitrag öffentlich gemacht habe. Dass Autor Grafe dem Mann seine frühere Funktion vorwirft, sei eine zulässige Meinungsäußerung.
Prominente protestierten gegen erstes Urteil
Gegen das Verbot in erster Instanz hatten Schriftsteller, Historiker und Juristen protestiert, darunter Walter Kempowski, Erich Loest, Wolf Biermann, Freya Klier, Heinrich Breloer und Ralph Giordano. In einem Aufruf der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte war kritisiert worden, dass "moralische Mitschuld" nicht mehr benannt werden dürfe.
Der Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, begrüßte das Urteil des Kammergerichts. "Das ist ein wichtiger Sieg für die Pressefreiheit", sagte er. Das Gericht habe den zunehmenden Versuchen von ehemaligen DDR-Funktionsträgern, eine Berichterstattung über ihre Vorgeschichte zu verhindern, eine Absage erteilt.
Bereits am Freitag hatte das selbe Gericht entschieden, dass über den Rechtsstreit berichtet werden darf. Eine identifizierende Berichterstattung sei zulässig, da das Informationsinteresse der Öffentlichkeit in diesem Fall Vorrang habe vor dem Interesse der Anonymität der Grenzoffiziers.
(tso/dpa)
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