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Der Reporter und Moderator Thilo Mischke

© IMAGO/Future Image

Debatte um neuen „ttt“-Moderator: „Eine Zusammenarbeit mit Thilo Mischke schließen wir für uns aus“

Mehr als 100 Autorinnen, Autoren und Kulturschaffende wenden sich in einem offenen Brief an die zuständige Programmdirektion der ARD und kritisieren die Neubesetzung des Moderators der Kultursendung „Titel, Thesen, Temperamente“.

Stand:

Kurz vor Weihnachten beschloss die ARD, die Nachfolge des scheidenden Moderators Max Moor bei der Kultursendung „Titel, Thesen, Temperamente“ mit dem Reporter Thilo Mischke zu besetzen. Wegen früherer Bücher von Thilo Mischke wie „In 80 Frauen um die Welt“ und „Die Frau fürs Leben braucht keinen großen Busen“ gibt es jedoch heftige Kritik an dieser Entscheidung. Nun haben mehr als 100 Autorinnen, Autoren und Kulturschaffende einen offenen Brief an die ARD-Verantwortlichen geschrieben. Wir dokumentieren den Brief in voller Länge und mit den Namen der Unterzeichnenden.


Die ARD hat 2022 die Erklärung „Gemeinsam gegen Sexismus und sexuelle Belästigung“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterzeichnet. Darin steht: „Sexismus hat Folgen: Er kann zu ungleicher Chancenverteilung und zu sexueller Belästigung bis hin zu Gewalt führen. Der Übergang von Sexismus zu sexueller Belästigung ist fließend – und ist damit auch ein Nährboden für Gewalt.“ Mit der Unterzeichnung dieser Erklärung hat sich die ARD verpflichtet, aktiv gegen Sexismus einzutreten.

Wir sind der Meinung, dass die ARD sich dieser Verpflichtung auch in der Personalpolitik stellen muss. Dementsprechend teilen wir die in der letzten Woche laut gewordene Kritik an der Neubesetzung von Thilo Mischke als Co-Moderator der Kultursendung „ttt – titel thesen temperamente“ in der ARD. Thilo Mischke soll in Zukunft nicht nur an der Seite der von uns geschätzten Siham El-Maimouni die Fernsehsendung moderieren, sondern auch einen neuen ttt-Podcast verantworten.

Nach deutlicher, fundierter und mit Quellen belegter Kritik – im Podcast von „Feminist Shelf Control“, in zahlreichen Artikeln beispielsweise in der „taz“ („Noch gibt es eine echte Chance zu zeigen, dass auch die ARD feministische Kritik ernst nimmt“), der „SZ“ („Fest steht: Wer sich in Mischkes Werk vertieft, [...] lernt einen Autor kennen, der zumindest damals auf dem Ticket der sogenannten Pick-up Artists weich mitsurfte“) und der „FAZ“ („Im Jahr 2010 jedoch schrieb Mischke ein Buch, das nicht nur „unterkomplex“ angelegt war, sondern misogyn“) – beschloss die ARD dennoch, an Thilo Mischke als Moderator der Fernsehsendung und als Podcast-Host festzuhalten.

Fehlende Distanzierung Mischkes

Thilo Mischke hat sich jedoch – entgegen der Behauptung der ARD – bis jetzt nicht kritisch mit seinem Werk auseinandergesetzt und sich nicht ausreichend distanziert. Auch seine Behauptung aus jüngster Zeit, es handele sich um ein rein fiktionales Werk, wird durch das eigene Nachwort des Buches widerlegt: „Diese Reise hat stattgefunden, ich muss mich nicht rechtfertigen.“

Zudem hat sich Mischke auch in den Jahren seit der Veröffentlichung mehrfach öffentlich sexistisch und rassistisch geäußert. Noch im Jahr 2024 bezeichnete er sein Buch als „Vorstufe“ für seine späteren Auslandsreportagen. (Vgl. auch diese weiterführende Quellenübersicht).

Deshalb sind wir bestürzt über diese Personalentscheidung der ARD, mit der die Kultursendung „ttt – titel thesen temperamente“ nachhaltig beschädigt wird. Wir wünschen uns für das Kulturfernsehen enthusiastische und an Kultur interessierte Moderator*innen, die sensibel und empathisch in der Lage sind, auf Gegenwartsdiskurse zu antworten und der Komplexität aktueller Kulturdebatten gerecht zu werden. Eine Zusammenarbeit mit Thilo Mischke als Moderator der Kultursendung „ttt – titel thesen temperamente“ schließen wir deshalb für uns aus.

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