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Die US-Rapperin Ice Spice bei ihrem Auftritt beim Roskilde-Festival in Dänemark im Juli 2024.

© Reuters/Helle Arensbak

Debütalbum „Y2K!“ von Ice Spice: Die Königin der schnellen Nummer

Die gehypte US-Rapperin Ice Spice überzeugt mit einem kurzen, aber schlüssigen Debüt. Textlich gibt es in 23 Minuten wenig Überraschungen, dafür eine unerwartet düstere Soundästhetik.

Stand:

Knapp zwei Jahre ist es her, dass die New Yorkerin Ice Spice über einem minimalistischen, harten Drill-Beat mit ihrer unverwechselbar kühlen Stimme und in aufgeregtem Flow süffisant davon rappte, wie ihr ein etwas dümmlicher Lover durchaus sexuelle Befriedigung verschaffen dürfe, ansonsten aber bitteschön nichts zu erwarten habe.

Für die einen war dies ein starker Moment von Female Empowerment, für andere einfach ein brachialer Sommerhit.

„Munch (Feelin’ U)“ hieß der Song, der in den sozialen Medien viral ging und Ice Spice zum Star machte. Fans und Presse schmückten sie prompt mit allerhand Titeln, stilisierten sie zu New Yorks nächster Rap-Prinzessin.

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Mehrere Hitsingles und Grammy-Nominierungen später ist die 24-Jährige zu einem wahren Pop-Phänomen geworden. Nun ist ihr Debütalbum „Y2K!“ erschienen, bei dem sich viele Kritiker:innen im Vorfeld fragten: Kann die Königin des Zwei-Minuten-TikTok-Hits auch auf Albumlänge überzeugen? Muss sie das überhaupt?

Die kurze Antwort lautet: Nein, das muss sie selbstverständlich nicht – und ja, sie tut es trotzdem. Wobei „Albumlänge“ vermutlich ein etwas irreführender Begriff ist, denn die zehn Songs bringen es gerade einmal auf 23 Minuten, kein einziger knackt die Drei-Minuten-Marke.

Aber Ice Spice wird sich kaum um ermüdende Diskussionen über das vermeintliche Ende des Albumformats scheren und liefert mit „Y2K!“ ein stringentes und wegen seiner Kurzweiligkeit umso spaßigeres Debüt.

Nicht alle Spielarten ihres charakteristischen Bronx-Drill-Sounds, die sie hier präsentiert, funktionieren gleich gut. Doch die Mischung aus aggressiven Beats, ihrer distanziert-arroganten Angriffslust und den augenzwinkernden Wortspielen bildet ein zusammenhängendes, hochenergetisches Werk.

Zeitgemäß ist es obendrein, denn die prägnanten Stücke eignen sich bestens für die Verbreitung auf TikTok und Co., die Gesamtlänge kommt sinkenden Aufmerksamkeitsspannen ungemein entgegen.

Social-Media-Queen

Ohnehin ist die Karriere von Isis Naija Gaston, so ihr bürgerlicher Name, untrennbar mit den sozialen Medien verwoben. Ihr Rap-Alter Ego geht auf einen Finsta (einen Fake-Account auf Instagram) aus ihrer Highschool-Zeit zurück, ihre erste Single nahm sie auf, nachdem ein Twerk-Video von ihr bei TikTok viral ging.

Ice Spice inszeniert sich als Krasseste, Schönste und Schlauste.

© Universal Music

Nach dem Durchbruch mit „Munch“ schossen auch alle nachfolgenden Singles in den sozialen Netzwerken durch die Decke. „Bikini Bottom“ und „In Ha Mood“, ein Remix von Taylor Swifts „Karma“ oder die Nicki-Minaj-Kollaboration „Barbie World“, die den Abspann in Greta Gerwigs „Barbie“ untermalen durfte, festigten 2023 ihren Status.

Ice Spice ist cool, jung, kompromisslos und humorvoll und macht mit jedem Song und jedem Video unmissverständlich deutlich, dass sie die Krasseste, Schönste, Schlaueste, kurz die baddest Bitch von allen ist. Ihr extravagantes und aufreizendes Auftreten – ein Mix aus 2000er-Revival, pinkem Plüsch und dem gekonnten In-Szene-Setzen ihres Körpers – trug dazu bei, dass aus der Rap-Newcomerin ein Popstar wurde.

Mit „Think U The Shit (Fart)“ veröffentlichte sie im Januar die erste Single ihres Debütalbums, die alles hat, was ein typischer Ice-Spice-Hit braucht: eine leichtfüßige Melodie, einen treibenden Beat und vor allem eine einprägsame, alberne Refrainzeile. „Think you the shit, bitch? You not even the fart“ rappt sie eiskalt – was womöglich etwas plump, aber einfach auch lustig. Natürlich war der Song noch vor Erscheinen ein Riesenhit auf TikTok.

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Textlich bietet Ice Spice auf „Y2K!“ wenig Überraschungen. Alles dreht sich um ihren neu erlangten Ruhm, um Designerklamotten, ihre Kurven und all die Verehrer:innen, die ihr hinterherlaufen. Der Sound ist hingegen unerwartet düster. Grundsätzlich hält er sich an die klassische Drill-Formel aus synkopierten, verzerrten Drums und reduzierten Samples, erinnert aber streckenweise auch an 2000er-Gangsta-Rap. Alle Instrumentals stammen, wie seit der ersten Stunde, vom befreundeten Produzenten RiotUSA.

Der erste Song „Phat Butt“ ist ein klassisches Rap-Intro, auf dem Ice Spice ihre Flow-Künste beweist und in sämtliche Richtungen schießt. Es folgt „Oh Shhh…“ mit Rage-Rap-Pionier Travis Scott.

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In der Mitte des Albums gibt es dann ein paar Stücke, die leider ein bisschen egal wirken, etwa „Popa“ oder „Plenty Sun“. Die wilden Fanfaren kreieren eine gewisse Trap-Nostalgie, doch ihnen fehlt ein catchy Element. Auch die Gunna-Kollaboration „Bitch I’m Packin’“, auf der Ice Spice ihre Stimme zu einem extra arroganten und lasziven Knurren verstellt, ist eher uninteressant.

Die besten Songs verstecken sich am Ende. Neben dem Überhit „Think U The Shit“ etwa die Single „Gimmie A Light“, der ein Sean Paul-Sample einen pulsierenden Dancehall-Vibe verleiht. Auf „TTYL“ rappt sich Ice Spice noch einmal regelrecht in Rage, bis ein dunkler Glockenschlag das Album abschließt. Puh, man möchte kein Hater sein.

Nein, Ice Spice hat mit „Y2K!“ kein komplexes Rap-Opus-Magnum geschaffen. Aber ein Album, das 23 Minuten lang derbe scheppert und beweist, dass mit ihr nicht zu spaßen ist. Und das macht mächtig Spaß.

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