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Auf der Suche nach Rat. Martina Gedeck als Helen Brindle.

© Frisbeefilms

Im Kino: "Gleißendes Glück": Der Dämon in mir

Der deutsche Regisseur Sven Taddicken hat A.L. Kennedys Erfolgsroman „Gleißendes Glück“ verfilmt, starbesetzt mit Martina Gedeck und Ulrich Tukur.

A. L. Kennedy schaut ihren Vorstadtneurotikerinnen mit Zartgefühl ins Herz. Es geht in den Büchern der schottischen Schriftstellerin um Einsamkeit und Liebeselend und darum, dass der Schimmer Glück, der am Ende immer aufleuchtet, ohne Höllentrip nicht zu haben ist. Seelische Untiefen, mit viel Sinn fürs Absurde erkundet. Der Filmregisseur Sven Taddicken verliebte sich in den Roman „Gleißendes Glück“ der schottischen Schriftstellerin A. L. Kennedy, mit dem ihr Erfolg in Deutschland 2001 einsetzte. Auf den ersten Blick das Klischee einer Dreiecksgeschichte, entwirft „Gleißendes Glück“ das Porträt einer von ihrer Ehe enttäuschten Frau, die sich von ihrem gewalttätigen Mann zurückzieht, ihre Desillusionierung als Glaubensverlust erlebt und in dieser Not Rat und Hilfe, vielleicht Erlösung bei einem auf diesseitiges Lebens-Upgrading spezialisierten Psychologen sucht.

Helen Brindle, die Personifizierung eines überkommenen, katholisch geprägten Frauenbildes, trifft in ihrer existenziellen Krise auf eine attraktive Kontrastfigur zu ihrem lieblosen Ehemann. Edward E. Gluck erweist sich jedoch als nicht minder beschädigter Zeitgenosse, als er Helen damit konfrontiert, dass er seine Liebesunfähigkeit hinter einem auf immer gewalttätigere Bilder fixierten Pornografie-Konsum verbirgt.

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Wenn Glucks Rezept der kybernetischen Selbstheilung tatsächlich realitätstüchtiger als Helens zerbröckelndes katholisches Über-Ich für Trost, Liebe und die Erlösung von allen Sünden sorgen soll, dann müssen beide ihren je heikelsten Teufeln gegenübertreten und die Bewährungsprobe auf ein anderes mögliches Leben ohne passiven Selbsthass ablegen.

Taddickens Inszenierung betont den Traum- und Albtraumcharakter der Geschichte

Wie eine solche Geschichte verfilmen? Sven Taddicken erzählt „Gleißendes Glück“ als deutsches Star-Kino. Seine Inszenierung betont den Traum- und Albtraumcharakter der Binnenwelten und konzentriert sich lakonisch knapp auf die Nähe und Distanz im Spiel zwischen Martina Gedeck (Helene Brindle) und Ulrich Tukur (Eduard E. Gluck). Erklärende Vorgeschichten bleiben ausgespart, auch die Figur des Ehemanns (Johannes Krisch) ist eher das Abziehbild eines eifersüchtigen Schurken, der in weit kürzeren Intervallen als in der Zeitdimension des Romans zu blindwütigen Attacken ausholt.

Martina Gedeck setzt auf die rätselhafte Maske einer scheuen Frau

Wer diese Menschen sind, welche Erfahrungen sie zu dem gemacht haben, was wir sehen, hat im Film weniger Gewicht als Eduards kybernetische Verhaltenspsychologie. Kann es sein, dass Helene mithilfe ihrer Vorstellungskraft und ihres neuen sexuellen Selbstgefühls auch ihren Mann bezwingt, indem sie sich zeigt, nicht als passive Dulderin?

Martina Gedeck setzt in „Gleißendes Glück“ auf die rätselhafte Maske einer scheuen Frau. Ihr gegenüber Ulrich Tukurs Darstellung eines Mannes, der seine inneren Dämonen farbig nuanciert ausspielt. Beide servieren ein tragisch-komisches Traktat, aber ihre Virtuosität lässt Fragen offen. Vielleicht fehlt ihrem „Liebesblitz“ – dieser wundersamen Verschmelzung ironisch kontrastierender Geschlechterstereotypen, Glaubensrichtungen und Moralprinzipien – einfach die Erdung.

In den Berliner Kinos Blauer Stern Pankow, Cinemaxx, Eva, FT Friedrichshain, Filmkunst 66, Toni, Hackesche Höfe, Kulturbrauerei

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