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„Organisierte Verantwortungslosigkeit“: Der RBB-Skandal ist nicht nur eine „Affäre Schlesinger“
Der RBB-Untersuchungsausschuss im Brandenburger Landtag legt seinen Abschlussbericht vor. Danach war die Kostenexplosion beim Prestigeprojekt nicht nur ein Versagen der damaligen Intendantin.
Stand:
Der Untersuchungsausschuss des brandenburgischen Landtags zum RBB-Skandal war richtig fleißig. Seit seiner Einsetzung im November 2022 hat sich das Gremium insgesamt 17 Mal getroffen und sich dabei knapp 75 Stunden mit den Geschehnissen in der Zweiländeranstalt beschäftigt. Demnach will der Ausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen. Business Insider konnte das noch vertrauliche Dokument jetzt schon einsehen.
Danach erlebte die öffentlich-rechtliche Anstalt keineswegs nur eine „Affäre Schlesinger“, sondern eine Affäre des ehemaligen Direktoriums mit Intendantin Patricia Schlesinger an der Spitze und des Verwaltungsrates. Bei Business Insider heißt es: „Nach der Kostenexplosion beim Bauprojekt eines Digitalen Medienhauses (DMH), das den RBB in den Ruin hätte treiben können, versteckten sich die Mitverantwortlichen offenbar hinter der angeblichen Allmacht der früheren Senderchefin.“
So sei im Abschlussbericht die Rede von einer „organisierten Verantwortungslosigkeit“ und einer „Selbstmarginalisierung des Verwaltungsrats“, des wichtigsten Kontrollgremiums innerhalb des Senders.
Urteil könnte vernichtender kaum sein
Das entsprechende Urteil könnte vernichtender kaum sein: „Die Fehlsteuerungen, eine manipulative Informationspolitik und vor allem eine grassierende Kultur der Verantwortungslosigkeit haben das Digitale Medienhaus zum schwerwiegendsten Versagen des RBB gemacht“, heißt es im Bericht.
Nach der fristlosen Kündigung von Schlesinger gaben sich ihre Direktoren und andere Führungskräfte aus der zweiten Reihe eher ahnungslos, wenn es um die Kostenentwicklung beim ehrgeizigen Projekt des Senders ging.
In einem internen Bericht war im November 2021 erstmals eine Kalkulation über 188 Millionen Euro aufgetaucht, nachdem der Bau ursprünglich 60 Millionen Euro hatte kosten sollen. Das brisante Dokument wurde per E-Mail an Schlesinger und ihre Direktoren, aber in Kopie auch an Chefredakteur David Biesinger und RBB-Sprecher Justus Demmer weitergeleitet, berichtet der „Business Insider“.
Der Untersuchungsausschuss kommt zu folgendem Urteil: „Das Digitale Medienhaus betraf alle Direktionen“, heißt es in ihrem Abschlussbericht. „Die Direktorinnen und Direktoren waren als Teil der Geschäftsleitung über die Direktorensitzung unmittelbar und vollständig in die Entscheidungen einbezogen.“ Daher lasse sich das Scheitern des Digitalen Medienhauses „nicht allein auf das selbstherrliche Agieren der Intendantin zurückführen“.
Der Bericht nimmt sich auch die fragwürdige Rolle des damaligen RBB-Verwaltungsrates mit Wolf-Dieter Wolf an der Spitze vor. Er stellt lapidar einen „Ausfall des Verwaltungsrates“ fest, der sich beim Medienhaus „mit Informationsbrocken begnügt“ habe.
Genau zeichnet das Dokument nach, „wie der Verwaltungsrat in einer denkwürdigen Sitzung im März 2022 bei den Zahlen verschaukeln ließ“, schreibt Business Insider. Das Gremium billigte eine hohe Kreditaufnahme, ohne über die erwartete Kostenexplosion auf 188 Millionen Euro im Bilde zu sein.
Was damals im RBB passiert ist, fasst der Bericht als eine „Auflösung von Verantwortlichkeiten“ zusammen. Dazu heißt es: „Das Wegdelegieren von Verantwortung hat einen rechtzeitigen Stopp des Projekts oder das rechtzeitige Ergreifen entschiedener Einsparmaßnahmen verhindert.“
Das liest sich fast so, als hätte die hochgeschossene Affäre um Patricia Schlesinger das Prestigeprojekt gestoppt, das den RBB in den finanziellen Abgrund hätte führen können.
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