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Sein Kopf darf nicht nass werden. Bo (Madieu Ulbrich) und Mila (Friederike Kempter) beim Baden.

© Sky Deutschland/Odeon Fiction/Nik Konietzky

Der Robo, den ich liebe: Rom-Com trifft Science-Fiction in der Serie „Tender Hearts“

Frauenromane für die Generationen Y und Z. Die schafft der Streamer Sky in digitaler Version mit der Serie „Tender Hearts“ über eine Romanze zwischen Mensch und Roboter.

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Mila will das Beste aus beiden Welten. Ihr Appartement mit schickem Blick über die Stadt verfügt über sämtliche Techniktools, die die nahe Zukunft so zu bieten hat: Textnachrichten erscheinen auf dem Badezimmerspiegel, die Endgeräte plappern Servicemitteilungen und ein Staubsauerroboter wieselt fiepend als flachgelegter R2-D2 durch die Bude. Wie es im Science-Fiction halt zugeht, wenn man einen fancy Job als Games-Entwicklerin hat, die ihre Videocalls in einer Runde Avatare abhält.

Zugleich verraten Milas Vintage-Einrichtung aus Flohmarktmöbeln und die liebevolle Pflege, die sie ihren Grünpflanzen angedeihen lässt, aber auf den ersten Blick, dass die von Friederike Kempter mit seelenvollem Blick verkörperte Enddreißigerin ein Herz fürs Alte, Bewährte hat. Ein heimeliges Setting, das für die Serie „Tender Hearts“ im Auftrag des Streamers Sky von der Produktionsfirma Odeon Fiction zu großen Teilen in einem Studio in Berlin-Johannisthal entstanden ist. Als „Green Production“, die sich um Ressourcenschonung in der energieintensiven Streamingindustrie bemüht.

Was durchaus zukunftsträchtiger ist, als das gestrige Frauenbild, die die Mischung aus Science-Fiction und Rom-Com, also romantischer Komödie, so transportiert. Schon klar, dass es in Rom-Coms immer schön absehbar um die Suche nach „Mr. Right“ oder dem weiblichen Pendant geht, deswegen lieben die einen das Genre so heiß wie es andere hassen. Aber mit nachdenklicheren Zwischentönen und differenzierterer Figurenzeichnung ließe sich mehr daraus machen als ein hip verpackter digitaler Frauenroman für die Generationen Y bis Z.

Dabei schaut sich „Tender Hearts“ durchaus ganz unterhaltsam an, gewissermaßen als Langversion von Maria Schraders Kinofilm „Ich bin dein Mensch“ aus dem Jahr 2021, wo der charmante Brite Dan Stevens als Roboter an der Seite der skeptischen Wissenschaftlerin Alma (Maren Eggert) die Metamorphose von der ungelenken Maschine zum Fast-Menschen verkörperte.

Algorythmenliebe. Mila (Friederike Kempter) und Friendly Bo (Madieu Ulbrich).

© Sky Deutschland/Odeon Fiction/Nik Konietzky

In „Tender Hearts“, wo Mila morgens ihren Dildo, der neben ihr auf dem Kopfkissen ruht, mit „Good Morning, Beautiful“ begrüßt, ist die Skepsis gegenüber maschineller Intelligenz, wie sie Kinodramen wie „Her“ und „Ex Machina“ reflektieren, ganz einer „tech-positiven“ Konsumentenhaltung gewichen. Dagegen ist erstmal so wenig zu sagen, wie gegen die Selbstverständlichkeit, mit der Mila ihren neuen Lebensgefährten „Friendly Bo“, den sie von der Firma „Tender Hearts“ gemietet hat, als Sexspielzeug und Putzfee einsetzt, bevor sie der Täuschung erliegt, er sei ein Mensch.

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Ihn als wirklichen Gefährten zu betrachten, wird von den „Tender Hearts“-Mitarbeitern, die Mila und Bo überwachen, mit allen Mitteln gefördert. Sie manipulieren die Kundinnen in ihrer Community nach Kräften, um Produkte zu verkaufen, Daten abzusaugen, sprich Bindung und Abhängigkeit herzustellen. Diese ethische Kehrseite der Big-Brother-Welt erzählt die Serie, ohne daraus echten Konfliktstoff abzuleiten, was nicht nur verschenkt, sondern merkwürdig lau wirkt.

Statt oller Kapitalismuskritik widmet sich „Tender Hearts“ lieber der Menschwerdung von Bo, was zweifellos ein viel unterhaltsameres Sujet ist. Aus der lernenden Maschine, die in der Subjektive die Welt nach „Terminator“-Art scannt, wird ein Wesen, das Bewusstsein, Kreativität und Freiheitsdrang entwickelt und dabei immer hilfreich und gut bleibt. Der Android ohne Geschichte und Verletzungen als besserer, perfekterer Mensch, der Milas Wutanfällen und Traumata (verlassen vom Ex, verwundet bei einem Unfall) seine unerschütterliche Freundlichkeit gegenüberstellt. Schöne neue Welt.

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