Kultur: Der Traum von Mexiko
SKULPTUR
Skulpturen kommen in der stattlichen Eingangshalle der von Teodoro González de León und Francisco Serrano erbauten Botschaft von Mexiko (Klingelhöferstr. 3, bis 31. Januar 2003) gut zur Geltung. Die meist mythologische Themen reflektierenden, phantasievoll abstrahierten Bronzen von Juan Soriano reichen von kleinplastischen bis zu figurengroßen Kompositionen. Einige davon, wie „Daphne“, „Die Sirene“, „Der Mond“ oder „Die Taube“, tauchen in großen farbigen Wandfotos wieder auf. Sie sind Modelle oder Vorbilder für die bis zu zehn Meter hohen Werke in oder vor zeitgenössischen Bauten in Guadalajara, Mexiko-Stadt und Monterrey. Als plastisch-figurale Sinnbilder akzentuieren sie die geometrisch-zeichenhaften Monumentalgebäude der mexikanischen Metropolen. Einer der Architekten ist übrigens González de León. Mit diesen Plastiken aus den 90er Jahren ist Juan Soriano, „das tausendjährige Kind“, wie ihn die Schriftstellerin Elena Poniatowska getauft hat, endgültig zu einem der wichtigsten Künstler Mexikos geworden. Begonnen hat der Ruhm des inzwischen 82-jährigen Autodidakts aus Guadalajara vor allem mit seinen Gemälden. Ähnlich wie Carlos Mérida und Rufino Tamayo setzte er sich von der damals herrschenden Politkunst der Muralisten ab. Zwar hielt er, auch bei größter stilisierender Einfachheit, am Figurativen fest, aber Traum und Mythologie, Archaik und Klassik, Schönheit und Poesie, Ironie und Eleganz gingen in seinem Werk eine enge Beziehung ein. Das alte Mexiko konnte ihn ebenso inspirieren wie die Mittelmeerkulturen. Seit Anfang der fünfziger Jahre zog es ihn oft nach Italien, seit 1975 lebt er zwischen Paris und Mexiko-Stadt. Er hat Bühnenbilder und Kostümentwürfe geschaffen, Buchillustrationen und Keramiken.
Michael Nungesser