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Crashkurs. Jean (Pio Marma) und Juliette (Ana Girardot) übernehmen das Familiengeschäft.

© Studiocanal

„Der Wein und der Wind“ im Kino: Winzeradel in Therapie

Rundes Bouquet: In „Der Wein und der Wind“ müssen drei Geschwister das Familien-Weingut im Burgund übernehmen - und finden dadurch zueinander.

Die Welt des Weins steckt voller gärender Leidenschaft, süßer Geheimnisse und bitterer Enttäuschungen. Von ihrem dramatischen Potenzial war Regisseur Jonathan Nossiter so bewegt, dass er ihr mit „Mondovino“ 2005 einen Dokumentarfilm für Herz, Hirn und Leber widmete. Unter den vielen Charakterköpfen dieses Films war auch Hubert de Montille, ein stolzer Winzer aus dem Burgund. Ein Glatzkopf mit Ecken und Kanten, ganz wie seine Weine, die Zeit brauchen, um sich bei viel Geduld irgendwann zu öffnen.

So müssen wir uns den Vater von Jean, Juliette und Jérémie in Cédric Klapischs „Der Wein und der Wind“ vorstellen. Nur, dass der Patriarch keinen Wein mehr machen kann. Er liegt im Sterben, und die Ernte steht bevor. Seine Kinder, um die 30 Jahre alt, müssen sie ohne seine Anweisungen planen – vorher aber erst wieder zueinander finden. Denn Jean ist nach Kämpfen mit dem Vater vor zehn Jahren weggegangen aus dem Burgund, hat sich losgerissen von den anmutig geschwungenen Rebzeilen, die ihm doch ins Herz gewachsen sind.

Familienaufstellung mit Pinot Noir

Das Wiedersehen zwischen Jean (Pio Marmaï) und Juliette (Ana Girardot) verläuft auch ohne viel Worte zutiefst französisch. Man herzt sich und fragt den jeweiligen Stand in Liebesdingen ab. Antwort im Einklang: diffizil. Was soll da erst der kleine Bruder Jérémie (François Civil) sagen. Mit Freundin und Baby logiert er auf dem Chateau des bornierten Schwiegervaters, der ihn einen Plebejer schimpft, weil er bei einer Verkostung jedes Glas austrinkt. Ja, was denn sonst, Jérémie hat es nicht anders gelernt vom Vater. Die drei Geschwister öffnen eine Flasche seines Weins und eine des Großvaters: Familienaufstellung mit Pinot Noir. Dann muss viel entschieden werden für die Lese, und Juliette zögert, die Rolle der Chefin zu übernehmen. „Liebst du Wein?“, fragt Jean sie. „Dann mach deinen Wein!“

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Das ist leicht gesagt. Zum Glück haben die Geschwister den treuen Marcel (Jean-Marc Roulot) an ihrer Seite, der schon ewig auf der Domaine arbeitet. Auch für den Zuschauer ist dieser Marcel ein Geschenk. Nicht nur, weil Roulot seine Rolle mit diskretem Charme füllt. Er ist im wahren Leben Schauspieler und zugleich hoch angesehener Biowinzer im Burgund. Dass „Der Wein und der Wind“ keine liebliche Komödienbowle wurde, liegt auch an seiner Expertise. Man kann hier tatsächlich einiges lernen über das Winzerdasein. Auch, wie Habgier und Chemie nach dieser oft idealisierten Welt greifen. Nachdem man eine Lese, ein Erntefest und einen Winterschnitt mit Jean, Juliette und Jérémie verbracht hat, fragt man sich: War es ein guter Jahrgang? Angenehmer Bildfluss, mittelkräftige Konzentration der Themen. Ein großer Burgunder wäre widerständiger, aber auch teurer als eine Kinokarte.

In 15 Kinos, OmU: Bundesplatz, Eiszeit, Hackesche Höfe, Kulturbrauerei, Passage

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