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Catherine Weldon (Jessica Chastain) und Sioux-Stammeshäuptling Sitting Bull (Michael Greyeyes).

© Richard Foreman/Tobis/dpa

„Die Frau, die vorausgeht“ im Kino: Die vergessene Pionierin

Landraub: Jessica Chastain spielt in „Die Frau, die vorausgeht“ Catherine Weldon, die sich Ende des 19. Jahrhunderts für die Rechte der Native Americans einsetzt.

Die Geschichte klingt wie eine feministische Fake-Story. Eine geschiedene Frau zieht Ende des 19. Jahrhunderts mit ihrem Sohn aus New York in ein Reservat in North Dakota, lebt dort mit Sitting Bull und unterstützt die Sache der Native Americans. Catherine Weldon wird Beraterin und Dolmetscherin des Sioux-Häuptlings, engagiert sich für die Lakota, die aus ihren Jagdgründen vertrieben wurden.

Aber die Sioux-Stämme setzen lieber auf die Ghost-Dance-Bewegung, sie sind überzeugt, dass die Geister die Weißen vertreiben. Der Streit entzweit Sitting Bull und die New Yorkerin. Sie reist frustriert ab, er wird am 15. Dezember 1890 erschossen, zwei Wochen vor dem Massaker bei Wounded Knee.

Catherine Weldon gab es wirklich. Eine Bürgerrechtlerin und Künstlerin, zwei ihrer vier Porträts von Sitting Bull sind erhalten. Eigentlich hieß sie Caroline Faesch, geboren 1844 in Basel. In einer Buffalo-Bill-Biografie wird sie als „reich, unglaublich exzentrisch, sturköpfig und gut gekleidet“ beschrieben. Fotos zeigen sie als resolute Dame mit Nickelbrille.

Weldon wird im Film entpolitisiert

Susanna Whites Film über die vergessene Pionierin lässt die Nickelbrille weg und nimmt sich historische Freiheiten. Warum nicht, das Kino macht eigene Wahrscheinlichkeitsrechnungen. In „Die Frau, die vorausgeht“ – so hieß Weldon bei den Lakota – fragt man sich allerdings, ob so viel Zurichtung sein muss. Jessica Chastain hat sich die Darstellung mutiger Frauen in Männergesellschaften auf die Fahnen geschrieben. Weldons Part übernahm sie gleich selbst – weshalb die im Film auch deutlich jünger ist.

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Warum Drehbuchautor Steven Knight sie allerdings entpolitisiert, sie als naives, zunächst nur an ihrer Malerei interessiertes rich kid in die Prärie schickt, wo sie in die Aktivistinnenrolle hineinstolpert, bleibt ebenso rätselhaft wie die Frage, warum eine kluge Schauspielerin wie Chastain sich nicht dagegen verwahrt hat.

Spröde Poesie der Great Plaines

Wenigstens entschädigen manche lakonisch-gewitzten Dialoge. Etwa der spielerische Machtkampf um die Porträtsitzung, bei dem sich Weldon und der Häuptling (Michael Greyeses) einen Schlagabtausch über Fremd- und Selbstwahrnehmung liefern. Die Ähnlichkeiten der Nöte zweier unterdrückter Gruppen, der Frauen wie der Natives, sind schlüssig, ebenso der Einblick in die Tricks der Politik, die den Stämmen die Zustimmung zur Enteignung abringen will. Den Great Plaines verleiht White eine spröde Poesie, mit gewaltigen Himmeln, Chiaroscuro-Innenaufnahmen und einem tanzenden Pferd.

So atmen ihre Bilder etwas von jener Spiritualität der Sioux, für die der enteignete Boden geweihtes Land war. Amerika setzt sich weiter mit seiner rassistischen Vergangenheit auseinander. Derzeit protestieren die Sioux gegen eine 2000 Kilometer lange Pipeline, die ihre Wasserversorgung bedroht.

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