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Stephen Malkmus, Frontmann von Pavement.

© IMAGO/ZUMA Wire

Echt oder Fake: Als Haltung noch gefragt war

Die Indierockband Pavement im Tempodrom. Man hört nun klarer heraus, dass die Band nicht nur vom Noiserock Sonic Youths beeinflusst wurde.

Stephen Malkmus, der Posterboy der Generation X, sieht vielleicht nicht mehr aus wie ein Collegestudent, sondern eher wie der lässige Erdkundelehrer, den jeder gerne gehabt hätte, aber eigentlich hat er sich optisch kaum verändert. 30 Jahre nach der Veröffentlichung des Debütalbums seiner Band Pavement verfügt er immer noch über unverschämt volles Haar, das Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln sitzt perfekt, und wenn er auf der Bühne mal einen Ausfallschritt wagt, wirkt es nicht so, als würden dabei die Knochen ächzen. Der Slacker-Lifestyle, den er in den Neunzigern verkörperte wie kaum ein anderer und der für das Gegenteil von harter Arbeit und Ehrgeiz steht, scheint eine Art Jungbrunnen für ihn zu sein.

Nun sind Pavement also wiedervereinigt, zum zweiten Mal nach einem kurzen Comeback zu Beginn des letzten Jahrzehnts. Was da noch kommen wird, ist unklar, immerhin ein paar neue Songs hat die Band mit im Gepäck bei ihrem Auftritt im Berliner Tempodrom. Als sie sich vor mehr als zwanzig Jahren nach nur fünf Platten vorerst auflöste, war ja die Rede von Spannungen im Bandgefüge. Mal sehen, ob es bei dem guten Vibe bleibt, den sie während des Konzerts ausstrahlt.

In den Neunzigern war Pavement die coolste Indierockband des Planeten. Als im Zuge des bahnbrechenden Erfolgs von Nirvana all die anderen vielversprechenden Alternative-Rock-Bands zu großen Plattenfirmen wechselten, um ebenfalls richtig groß rauszukommen, kultivierte die Band, die sich in Kalifornien zusammenfand und später in New York residierte, eine Antihaltung. Ironischerweise hatte sie auch damit Erfolg.

Die Stone Temple Pilots dieser Welt, die nur noch Richtung MTV schielten

Ihre Songs blieben zwar immer ein wenig zu verbeult, um woanders als bei den College-Radio-Stationen gespielt zu werden, dafür liefen sie dort aber umso ausgiebiger. In ihrem Mini-Hit „Range Life“, den sie jetzt auch in Berlin vortragen, werden die anderen gedisst, die Smashing Pumpkins und Stone Temple Pilots dieser Welt, die nur noch Richtung MTV schielten.

Ja, in den Neunzigern war das noch so: echter Indie gegen Fake-Indie, Haltung hatte noch eine Bedeutung für Musikinteressierte. Der US-Autor Chuck Klosterman beschreibt das in seinem aktuellen Buch über dieses Jahrzehnt und stellt darin fest, dass heute kaum noch ein junger Mensch die Ernsthaftigkeit verstehen würde, mit der damals um den einzig wahren Indie-Ethos gerungen wurde.

Pavement selbst sehen das wohl auch nicht mehr so eng. Eine Konzertarena wie das Tempodrom, das komplett bestuhlt ist, verfügt schließlich über eine eher minimale Underground-Aura. Die Band zerdengelt und dekonstruiert ihre Songs auch nicht mehr ganz so unerbittlich. Auch wenn ihr zweiter Drummer Bob Nastanovich immer noch den Pausenclown macht, auf der Bühne herumspringt und Kreischattacken vollführt.

Man hört nun klarer heraus, dass die Band nicht nur vom Noiserock Sonic Youths beeinflusst wurde, sondern auch ein großes Herz für klassische Americana hat, sogar für Creedance Clearwater Revival. Für Musik, die vor allem im Mainstreamradio läuft. Stephen Malkmus mag man es zwar nicht ansehen, aber auch er ist älter geworden.

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