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Echter Kulturimpresario: Zum Tod von Jochen Hahn
Der erfolgreiche Theaterproduzent und Veranstalter ist im Alter von 69 Jahren in Berlin gestorben. In seiner Arbeit blieb er der Welt stets verbunden.
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Das Wort Kulturveranstalter traf ihn nicht wirklich. Denn Jochen Hahn war noch ein echter Impresario. Ein Festivalerfinder und Kunstermöglicher, ausgerüstet mit Fantasie und dem Sinn für das Machbare. Ein realistischer Träumer.
So hat der 1954 in Braunschweig geborene, in München reüssierte und nach 2000 in Berlin heimisch gewordene Kulturkopf auch international viel bewegt. Schon während des Studiums der Theaterwissenschaft und Germanistik assistierte er bei Inszenierungen und fand in dem Autor und Regisseur George Tabori Ende der 1970er Jahre seinen ersten Förderer. Ein gutes Jahrzehnt später begann Hahn dann, Taboris Theaterproduktionen seinerseits zu vermitteln, und etablierte für ihn und andere Künstlerinnen und Künstler ein eigenes Festival im norditalienischen Städtchen Cividale. Das liegt nah an der slowenischen Grenze. Und Grenzen gerade zu den osteuropäischen Staaten zu überwinden, hatte Hahn bereits früh begonnen.
Mit der noch existenten UdSSR organisierte er im Zeichen von Gorbatschows Glasnost kurz vor der Wende einen eminenten Kulturaustausch mit wechselnden Gastspielen großer Theater. Er brachte die Berliner Schaubühne mit Peter Steins opulenter Version von Tschechows „Drei Schwestern“ nach Moskau, dazu neue deutsche Stücke, und holte Inszenierungen etwa von Lew Dodin oder Anatolij Wassiljew nach Deutschland. Hahn hat später Peter Steins russische „Orestie“ in Moskau mitproduziert, Talente im Bukarest der Zeit nach Ceausescu aufgespürt, war ein Findegeist in Peking, beförderte die Kulturprogramme der Expo 2000 in Hannover und später in Schanghai. In München betrieb er als tollen Aufführungsort bis 2001 eine ehemalige Reithalle, und in Berlin bespielte er das frühere Kühlhaus nahe dem Technikmuseum, dann ein immer wieder auch als Filmkulisse genutztes vormaliges Frauengefängnis in Lichterfelde.
Auch Peter Brook oder Roberto Ciulli gehörten zu Jochen Hahns illustren Verbündeten. Von Amerika bis Afrika förderte er Kooperationen, mehrfach zusammen mit den Goethe-Instituten. Das galt auch für die Ukraine und zuletzt für Georgien. Noch im Herbst 2022 lud er deutsche Kulturjournalisten nach Tiflis ein und konnte selbst doch nicht mehr mitreisen. Am vergangenen Wochenende ist der weltoffene Impresario mit erst 69 Jahren an einem Krebsleiden in Berlin gestorben.
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