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Kultur: Ein Mann sieht rosa

Thomas Flierl ist der fünfte Kultursenator in zwei Jahren: Nachfolger von Peter Radunski, Christa Thoben, Christoph Stölzl und Adrienne Goehler, die jeweils individuelle Sparmethoden entwickelten. Peter Radunski erfand die Bemühenszusage.

Thomas Flierl ist der fünfte Kultursenator in zwei Jahren: Nachfolger von Peter Radunski, Christa Thoben, Christoph Stölzl und Adrienne Goehler, die jeweils individuelle Sparmethoden entwickelten. Peter Radunski erfand die Bemühenszusage. Christa Thoben studierte das Zahlenwerk, bis ihr schwarz vor Augen wurde. Christoph Stölzl spezialisierte sich auf die Opernreform und scheiterte an der Opernkonferenz der Intendanten. Adrienne Goehler pflegte die Kunst des Dialogs; den Erfolg ihrer Solidarisierungstaktik konnte sie wegen ihrer kurzen Amtszeit nicht unter Beweis stellen. Thomas Flierls Spezialität ist der Schlingerkurs: drei vor, zwei zurück. Eine kleine Chronik der rot-roten Kulturpolitik:

Zum Thema Ted: 100 Tage Rot-Rot in Berlin: Wie benoten Sie den Senat? 9. Januar 2002: Thomas Flierl (PDS) wird Kultursenator. Die Medien begrüßen den ehemaligen Baustadrat von Mitte mit Skepsis, als "dritte Wahl" und "Verhinderer".

11. Januar: Im Tagesspiegel-Gespräch macht Flierl "klare, harte Ansagen". Er will sich vor allem um eine Begrenzung der Tarifauswüchse bei den Bühnen bemühen.

16. Januar: Der Koalitionsvertrag von SPD und PDS verspricht, "die Vielfalt und Substanz Berliner Kultur auch in Zeiten strikter Haushaltskonsolidierung zu erhalten".

9. Februar: Laut "taz"-Interview will Flierl die Zuwendungen für die freie Szene so schnell wie möglich sichern.

12. Februar: Im Tagesspiegel distanziert sich Flierl von der "Rasenmähermethode". Die verfügbaren Zuwendungen an die freien Träger der Off-Kultur dürften nicht einkassiert werden. Sein Motto: "Wir sind zu arm, um uns das Sparen leisten zu können."

24. Februar: Erste Sparpläne sickern in Form von Gerüchten durch: Auf der Streichliste stehe das Maxim-Gorki-Theater und das Ballett der Deutschen Oper.

25. Februar: Die Kulturverwaltung dementiert das Gorki-Gerücht, nicht aber zwischenzeitliche Überlegungen, das Theater in eine Boulevardbühne umzuwandeln.

19. März: Flierl gibt seine Sparbeschlüsse für 2002 / 2003 bekannt. Er muss 27 Millionen Euro "pauschale Minderausgaben" ausgleichen. Das Ballett der Deutschen Oper soll mit dem der Staatsoper zusammengelegt werden, sparen sollen das Künstlerhaus Bethanien (100 000 Euro), die Kunst-Werke (100 000 Euro), das Podewil (715 000 Euro), die "Freunde der Deutschen Kinemathek" (150 000 Euro), das Literaturhaus (50 000 Euro). Die Betroffenen erfahren von den Sparplänen aus der Zeitung. Die jährlichen 31 Millionen Euro Investitionskosten für die Museumsinsel tauchen im Budget nicht mehr auf: der Anfang vom Abschied Berlins aus der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

26. März: Das Podewil lädt zur Protest-Party. Bethanien-Chef Christoph Tannert trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Vorsätzliche Geistesabwesenheit".

2. April: Staatssekretär Pasternack teilt der Kunsthochschule Weißensee, der Hoschule für Musik "Hanns Eisler" und der Ernst-Busch-Schauspielschule mit, dass sie 10 Prozent ihres Etats kürzen müssen. .

4. April: Flierl unterstützt den Protest der Hochschulrektoren gegen die Sparvorgaben seiner eigenen Verwaltung.

11. April: Bei einer Ausstellungseröffnung im Künstlerhaus Bethanien gibt Flierl bekannt, dass die Kürzung bei den Kunst-Werken komplett revidiert wird.

15. April: Flierl ist sich mit Schulsenator Böger einig, den Sparbeschluss (100 000 Euro) bei den Zuschüssen für das Landesjugendorchester zu überdenken.

17. April: Flierl nimmt gegenüber den "Freunden der Deutschen Kinemathek" die geplante Kürzung von 150 000 Euro zur Hälfte zurück. Die "Freunde" machen deutlich, dass auch eine Kürzung um 75 000 Euro ab 2003 ihre Existenz bedroht.

21. April: Flierl will mit dem Bund über eine Übernahme der Staatsoper verhandeln.

22. April: Flierl gibt bekannt, dass die Einsparungen beim Podewil von 715 000 Euro auf 215 000 Euro verringert werden. Sein Motto: "Sturheit ist kein Ratgeber."

23. April: Flierl erklärt, dass Berlin die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht verlassen will. Der Berliner Anteil an den Betriebskosten (14,1 Millionen Euro) sei im Doppelhaushalt berücksichtigt.

24. April: Flierl spricht mit Kulturstaatsminister Nida-Rümelin, der wie sein Vorgänger Michael Naumann die Übernahme der Staatsoper oder der Berliner Philharmoniker durch den Bund ablehnt. Über das mittelfristige Bundes-Engagement in Berlin, insbesondere die Übernahme des Anteils an den Investitionsmitteln der Museumsinsel will man jedoch weiter verhandeln.

Fortsetzung folgt.

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