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Die Fans sind bei den ersten Nummern noch in Schockstarre: Die K-Pop-Band Enhypen spielte ihr erstes abendfüllendes Konzert in Berlin.

© BELIFT LAB

Enhypen live in Berlin: Die K-Pop-Vampire verzaubern ihre Fans mit Glitzerregen-Party

Schon Tage vorher warteten Fans vor der Uber Arena, um die sieben Jungs von Enhypen aus nächster Nähe zu erleben. Dann gibt es Twilight-Feeling und alle rasten aus.

Von
  • Madleen Kamrath
  • Daniel Koch

Stand:

Wer das reale Äquivalent zu den Saja Boys – die teuflisch-charmanten Antihelden im irrsinnig erfolgreichen Film „Kpop Demon Hunters“ – sucht, sollte sich Enhypen genauer anschauen. Gleiches gilt für die Generation „Twilight“, die mal wieder hotte Vampire sehen will.

Die koreanischen Popstars, die der sogenannten vierten Generation der K-Pop-Bands zugerechnet werden, setzen nämlich seit einigen Jahren auf genau diese dämonenhafte, leicht angesexte, vampir-inspirierte Ästhetik in ihren Videos und Lyrics – ganz besonders in „Bad Desire (With Or Without You)“ oder in „Bite Me“.

Angesexte Vampirästhetik

Ihr erstes abendfüllendes Deutschlandkonzert in der restlos ausverkauften Uber Arena am Montag ist dann natürlich trotzdem keine diabolische Satansmesse – sondern ein Hort der Fanliebe. Enhypen nennen ihre Fans „Engene“ und die ersten von ihnen sieht man schon am Wochenende in langen Schlangen vor der Venue stehen, um einen guten Platz in den vorderen Bühnenbereichen zu ergattern, oder um am Merchstand früh zuschlagen zu können.

Dark und sexy: Die K-Pop Band Enhypen beim Konzert in der Uber Arena.

© BELIFT LAB

Wer diese Ausdauer und Begeisterung am Wochenende aus nächster Nähe beobachtet hat, wundert sich fast ein wenig, dass es am Montag ein paar Songs braucht, bis die Berliner Crowd die entsprechende Lautstärke erreicht hat.

Natürlich ist der Jubel ohrenbetäubend, als Bandleader Jungwon mit seinen sechs Bandkollegen Heeseung, Jay, Jake, Sunghoon, Sunoo und Ni-ki nach und nach mit Video-Einspielern angeteast werden und dann aus einem riesigen Blutmond, umhüllt von Bühnennebel und Glitzerregen, die Bühne betreten und mit „Brought The Heat Back“ beginnen.

Aber die ersten vier bis fünf Songs scheint es so, als wären zumindest die glücklichen Fans im vorderen Innenbereich irgendwo zwischen Schockstarre und Dokumentationspflicht gefangen. Man sieht jedenfalls exakt so viele Handy-Displays wie konzentrierte Gesichter, bis die Performance dann aber nach und nach die ganze Arena infiziert.

Aggro steht ihnen gut

Enhypen setzen auch auf ihrer aktuellen „Walk The Line“ Welttournee sehr auf Leder, Designer-Muskel-Shirts, Kurzhaar-Frisuren – fast so, als wolle man sich ein wenig von der Zuschreibung Boyband befreien und zeigen, dass hier echte Männer tanzen. Ihre Choreos und Vocals kippen, passend dazu, immer wieder von „geschmeidig“ zu „aggressiv“. Eine Dynamik, die ihnen allerdings verdammt gut steht.

Während der 2002 geborene Sunghoon gesundheitlich angeschlagen ist, und laut gut informierten Fans beim Soundcheck fehlte, ist es vor allem der 21-jährige Bandleader Jungwon, der Energie in die Performance bringt. Stimmbester ist weiterhin der älteste in der Band: Heeseung, der schon bei der Vorstellungsrunde kurz mal die Stimme flext und allein dafür lauten Jubel abholt.

Der 2001 geborene Koreaner war eine der überzeugendsten Kandidaten in der koreanischen TV-Talentshow „I-Land“, mit der 2020 die Mitglieder von Enhypen gesucht und gefunden wurden. Dafür lud der TV-Sender Mnet inmitten der Pandemie 23 Trainees in einen inselartigen Gebäudekomplex, um die besten von ihnen zu ermitteln.

Auch die Produktionsfirma HYBE, die mit BTS die erfolgreichste K-Pop-Band aller Zeiten unter Vertrag hat, steht hinter der Band Enhypen – was erklärt, warum sie von Anfang an als Hoffnungsträger gepusht wurden.

Talente aus der Castingshow

Die Show löst das allerdings nur in den besten Momenten ein. Was nicht unbedingt an der Band selbst liegt. Die Visuals auf den LED-Videowänden sind zwar – wie eigentlich bei allen HYBE-Produktion – sehr gelungen, aber an begleitenden Tänzern und einer Live-Begleitung, wie sie Blackpink und Stray Kids aufbieten, wurde merklich gespart. Und so sehr sich Enhypen auch ins Zeug legen: Nicht alle ihrer Songs sind die K-Pop-Banger, die sie sein wollen.

Das merkt man vor allem, wenn die richtig guten Nummern alles andere in den Schatten stellen: Der balladeske Publikumsliebling „Fatal Trouble“ zum Beispiel, der in einer Art Spiegelkabinett inszeniert wird. Das sehr partytaugliche „Go Big Or Go Home“, das mit seinem Electro-Pop-Beat die Arena anzündet. Oder später das emo-punk-poppige „Shout Out“, das die Engenes noch Minuten nach dem Abgang der Band lautstark in die Arena singen werden, weil es da im Hintergrund recht leise vom Band läuft.

Außerdem fällt auf, dass diese übercoole Vampir-Nummer nicht zu allen Bandmitgliedern zu passen scheint: Das wird deutlich, als Enhypen zu „Your Eyes Only“ und „Loose“ mal auf Highschool-Optik Jeans setzen. Dabei tauen alle Sieben spürbar auf – und es tut auch der Atmo gut, dass man sie mal lächeln sieht.

Vermutlich lässt sich im Jeans-und-T-Shirt-Fuckboy-Outfit auch besser atmen als in tighten Lederhosen und Prada-Muscle-Shirt. Danach wird das Konzert ein Stückweit mitreißender, weil sich auch Enhypen vom Vibe des Publikums anstecken lassen.

Döner für die Boys

Einer der lustigsten Momente ist der kleine Bühnentalk, bei dem Enhypen von ihren Ausflügen in die deutsche Gastro berichten. Von Schweinshaxe und Schnitzel können sie berichten, fragen aber nach, was sie noch verpasst hätten. Die einzige Antwort, die man auf diese Frage bei einem Konzert in Berlin kriegen kann, ist natürlich: „Döner“. Wie sie danach ein paar Minuten versuchen, dieses Wort mit Umlaut auszusprechen, ist schon jetzt TikTok-Gold.

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Bei der Zugabe kommen Enhypen – wie es K-Pop-Bands gerne tun – noch mal im eigenen Bandmerch auf die Bühne. Was hier eine tragisch-komische Note hat: Das Merch ist da nämlich schon lange ausverkauft, sehr zum Frust vieler Fans. Letztes, traurig an der Wand hängendes Stück: Basketball-Shorts mit „Walk The Line“-Aufdruck – was die Fans zurecht ein wenig lustig finden.

Als Rausschmeißer gibt es schließlich einen letzten Hit aus der Bindestrich-Singles-Phase der Band „Drunk-Dazed“, bevor sich die Sieben mit glücklich-verschwitzten Gesichtern von den glücklich-verschwitzten Fans verabschieden.

Dieses Grinsen, das man da bei Jungwon, Heeseung, Jay, Jake, Sunghoon, Sunoo und Ni-ki sehen konnten, wirkte bedeutend zugänglicher und sympathischer als die übercoolen Vampir-Jagdblicke – und Fangzähne konnte man sowieso auch mit der höchsten Zoomstufe der Handykamera in keinem Moment der Show erkennen.

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