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Entenhausen-Abenteuer in Marvel-Manier : Wenn Donald Duck die Wolverine-Krallen ausfährt
Im „Lustigen Taschenbuch“ erlebte erst Dagobert Duck ein multiversales Action Abenteuer wie in den „Spider-Verse“-Filmen. Und jetzt werden berühmte Disney-Figuren in Crossover-Geschichten zu Marvel-Superhelden.
Stand:
Als Disney 2009 Marvel gekauft hat, fragten sich viele Fans sofort, wann es wohl zu den ersten Crossovern kommen würde. Jetzt steht der erste Titel dieser Art vor seiner deutschen Veröffentlichung: Am 3. Juni erscheint im Berliner Egmont-Verlag das Lustige Taschenbuch (LTB) 598 mit dem Titel „What if …? Donald Duck became Wolverine“. Das kündigte das Unternehmen am Freitag an.
Die Geschichte spielt in einem düsteren Alternativ-Entenhausen der fernen Zukunft, das von einem Bösewicht namens Karlo-Skull beherrscht wird. Ihm stellen sich entgegen: Micky-Hawkeye, Donald-Wolverine und Goofy-Hulk.
Bis es zu dieser direkten Verschmelzung von Disney- und Marvel-Figuren kam, hatte man sich lange zurückgehalten, was Comic-Annäherungen zwischen den Ikonen aus Entenhausen und aus dem Superhelden-Universum anbelangt.

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Am Anfang ging es vor allem um multimediale Crossover-Auftritte in Videogames oder Animationsserien, seit 2019 natürlich um die Filme und Serien des Marvel Cinematic Universe auf der Streaming-Plattform Disney+.
Anfang 2023 veröffentlichte Marvel schließlich mehrere Variantcover für seine US-Comic-Hefte, auf denen die Disney-Figuren um Micky und Donald berühmte Titelbilder mit den Avengers, Spider-Man und Co. nachstellten.
Dagobert im Multiversum
Im Juni 2024 erschien dann das US-Heft „Uncle Scrooge and The Infinity Dime“ bei Marvel: Noch immer kein Crossover, wenngleich Onkel Dagoberts erster Marvel-Comic – ein klassisches und doch nicht ganz so klassisches Duck-Abenteuer in bester Marvel-Manier, und im November als deutschsprachige Erstveröffentlichung die Titelstory in „Walt Disney: Lustiges Taschenbuch“ Nr. 591 (Egmont, 7,99 €).

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Autor der Dagobert-Geschichte von Marvel im „LTB“ ist der Amerikaner Jason Aaron, der beinahe 20 Jahre lang zu den prägenden Architekten der Marvel-Comics gehörte. Er machte Jane Foster zu Thor, führte das „Star Wars“-Revival bei Marvel an und stellte von 2018 bis 2023 in der „Avengers“-Comic-Serie seine Vorliebe für Epen über das Multiversum und die Parallelwelt-Varianten der Marvel-Heroes zur Schau.

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Aaron hat die Dagobert-Klassiker der Comic-Meister Carl Barks und Don Rosa vor einigen Jahren zusammen mit seinem Sohn entdeckt. Aarons eigene flotte Bildergeschichte über den Duck-Patriarchen und den Infinity-Taler (eine Anspielung auf Dagoberts Glückskreuzer bei Disney und die kosmisch-allmächtigen Infinity-Steine bei Marvel) beginnt traditionsbewusst auf Bear Mountain, wie viele der großen Duck-Abenteuer inklusive Dagoberts Debüt von 1947 unter Carl Barks.
Dennoch wird es in „Onkel Dagobert und der Infinity-Taler“ schnell marvel-typisch. Kaum hat Dagobert die Panzerknacker einmal mehr von seinem Geldspeicher abgewehrt, greift eine finstere Dagobert-Variante aus dem Multiversum an – also der schurkische Parallelwelt-Dagobert einer anderen Dimension, der zum mächtigsten aller Dagoberts werden will und dafür Geldspeicher und Glückstaler aus allen Realitäten entführt.
Mithilfe von Daniel Düsentrieb macht sich „unser“ Dagobert sogleich an die Verfolgung und trifft diverse weitere Dagobert-Versionen, die alle großen Alter- und Abenteuer-Inkarnationen der Duck-Historie abdecken. Marvels „Spider-Verse“-Animationsfilm-Highlights um Miles Morales, den Netzschwinger einer neuen Generation, lassen grüßen.

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Das klingt mehr nach Avengers-Drama als nach Duck-Abenteuer, wird jedoch beiden „Welten“ gerecht, weil Aaron die Marvel-Formel und das Duck-Rezept kennt – und unterhaltsam zusammenbringt. Für ihn ist diese 30-seitige Geschichte bei aller Erfahrung und allem Superstar-Status spürbar etwas Besonderes. Auch als Comic-Fan kann man sich dem Hype, der Anziehungskraft einer Dagobert-Story mit Marvel-Allüren, kaum entziehen.

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Bei den Zeichnungen sorgen die erfahrenen italienischen Disney-Künstler Francesco D’Ippolito, Alessandro Pastrovicchio, Vitale Mangiatordi und Giada Perissinotto für einen so traditionsbewussten wie dynamischen Duck-Look. Die nuancenreiche, strahlende Kolorierung von Arianna Consonni changiert zwischen Marvel und Disney, USA und Italien. Kurzum: Entenhausen sieht auch unter Marvel-Flagge wie Entenhausen aus, da braucht man sich keine Sorgen zu machen.
Titelbilder von Starzeichnern wie Frank Miller
In den USA wurde Onkel Dagoberts multiversales Abenteuer, wie bereits erwähnt, als Marvel-Einzelheft veröffentlicht, sogar mit Titelbild-Variantcovern von Frank Miller, Alex Ross, Skottie Young und anderen. In Deutschland kommt die Geschichte aufgrund der hier vorherrschenden Lizenzvereinbarungen wie alle Duck-Geschichten bei Egmont Ehapa Media heraus, und hier im altehrwürdigen Format „Lustiges Taschenbuch“, das so viele Generationen Comicfans geprägt hat und nach wie vor prägt.

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Für den Sommer 2025 hat man eine Hardcover-Deluxe-Ausgabe der aufsehenerregenden amerikanischen Titelstory des sonst meist europäisch gespeisten „LTB“ mit Interviews, Hintergrundtexten und allen Variantcovern angekündigt.
Donald als Wolverine, Minnie als Captain Marvel
In den Staaten war man derweil schon einen Schritt weiter. Seit Dagoberts Taler-Jagd im Marvel-Style erschienen dort die US-Hefte „What If...? Donald Duck Became the Mighty Thor“ und das jetzt auch für Deutschland angekündigte „What If...? Donald Duck Became Wolverine“, in deren Mashup-Alternativweltgeschichten die Legenden fusioniert werden, Dagoberts Neffe wie der Donnergott den Hammer schwingt, wie der X-Man die Krallen wetzt.

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In den USA erschienen inzwischen noch „What If..? Minnie Became Captain Marvel“ und „What If…? Mickey & Friends Became the Fantastic Four“, wo Minnie erst die Rolle von Carol Danvers einnimmt und danach mit Micky, Goofy und Donald Marvels visionäre First Family formt, deren Debüt Stan Lee und Jack Kirby 1961 als Marvel-Urknall diente. Im Juli steht in den USA als nächstes „What If…? Goofy Became Spider-Man?“ an.

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Jahre nach Disneys Megadeals mit Marvel, Star Wars und Fox sind wir nun an dem Punkt angelangt, den viele wesentlich früher erwartet haben. Zumal die Marvel-Heroes in den Comics aktuell parallel auf die Aliens sowie die Predators treffen, und Marvel und DC in Übersee wiederum die Superhero-Crossover und Amalgam-Mashups der 1990er in Omnibus-Sammelbänden neu aufgelegt haben.
Vielleicht sind Comic-Treffen zwischen Entenhausen und dem Marvel-Universum jetzt ebenfalls bloß noch eine Frage der Zeit, nachdem Dagobert Duck, die geschäftstüchtigste Ente der Welt, den Weg mit seinem ersten marvelmäßigen Abenteuer weiter geebnet hat und die Comic-Welten zudem immer mehr verschmelzen.
Selbst wenn ein Crossover der Marvel-Fanfavoriten und der Disney-Publikumslieblinge etwas schwieriger zu erklären und zu inszenieren sein dürfte. Doch für den Anfang gäbe es ja noch Marvels anthropomorphisierte Helden Howard the Duck und Spider-Ham, die unkonventionelle Comic-Begegnungen fern ihrer Heimatwelten gewohnt sind …
Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel wurde im November 2024 erstmals im Tagesspiegel veröffentlicht und jetzt aus aktuellem Anlass ergänzt.
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