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Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, eröffnet die Frankfurter Buchmesse. Die weltgrößte Bücherschau dauert vom 15. bis 19. Oktober 2025. Gastland ist in diesem Jahr die Republik der Philippinen.

© dpa/Arne Dedert

Eröffnung der Frankfurter Buchmesse: „Wir sollten nicht verzagen, sondern mehr Rilke wagen“

Freiheit, Demokratie und die Macht der Tech-Giganten: Am Dienstagabend wurde die 77. Frankfurter Buchmesse eröffnet. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer appellierte, Google einzuhegen, zu besteuern, „notfalls zu zerschlagen.“

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Wie sagt es doch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer in der ihm eigenen Treffsicherheit bei seiner Rede auf der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse: „Die Frankfurter Buchmesse ist weit mehr als ein Markt der Bücher.“ Sie ist auch ein Ort, an dem bei so einer Eröffnungsfeier erstmal eine philippinische Folklore-Gruppe auftritt. Glücklicherweise folgt mit Tim Roth noch ein Elektronic-Producer, um zu demonstrieren, wie das Gastland der Frankfurter Buchmesse Tradition und Moderne auch musikalisch vereint.

Auch ein Ort der Folklore

„Hätten Sie das erwartet?“ fragt Jürgen Boos dann auch gleich, „diesen Chor und diesen DJ, den ersten auf einer Frankfurter Buchmesse?“ Applaus, klar. Dem lässt Boos sofort seine Willkommensrede folgen, stabil vorgetragen, so wie er auch ganz stabil aussieht, nachdem er sich morgens bei der Eröffnungspressekonferenz noch für eine „Beschädigung“ entschuldigt hatte und sich gleich wieder hatte setzen müssen. „Die Frankfurter Buchmesse ist mehr als die Summe ihrer Teile, sie weist in die Zukunft.“ Ein Boos-Satz.

Auf eine Moderation, wie in den vergangenen drei Jahren, hat die Messe dieses Mal verzichtet, klugerweise, das hatte immer bemüht gewirkt und war verunglückt. Stattdessen führt eine männliche Stimme aus dem Off durch die Feier, mit getragenen Worten, begleitet von dräuenden Tim-Roth-Sounds.

Drei philippinische Dichterinnen

Nach Boos folgen drei Autorinnen von den Philippinen, Merlie M. Alunan, Mookie Katigbak-Lacuesta und Marjorie Evasco, die philippinische Prosa vortragen und die Dichtung ihres Landes in Sottisen versuchen zu erklären, sowie der hessische Kulturminister Armin Schwarz und Frankfurts Bürgermeister Mike Josef, der durch hundert Jahre Frankfurter Stadtgeschichte führt und an seinen Vorgänger Ludwig Landmann erinnert.

Danach erster Auftritt des neuen Kulturstaatsministers bei einer Frankfurter Buchmesse. Wolfram Weimer beginnt mit einem KI-Gedicht nach der Art Rainer Maria Rilkes, und KI ist danach sein Thema, noch vor der Freiheit, der des Wortes, dem hohen Lied auf die Demokratie.

Geistiger Vampirismus

„Geistiger Vampirismus, der die Literatur betrifft“, urteilt Weimer, streift Adorno und sagt dann im Hinblick auf die Tech-Giganten in den USA und China, „die ihre KI-Systeme mit Milliarden von Werken, ohne die Einwilligung der Urheber einzuholen, geschweige denn, ihnen auch nur einen Cent zu zahlen: Das ist digitaler Kolonialismus, den wir nicht länger hinnehmen dürfen. Wir werden der Verletzung von Urheberrechten nicht länger tatenlos zusehen. Wir müssen zu einem wirkungsvollen Urheberrechtsschutz kommen.“

Weimer erwähnt seinen geplanten Platform-Soli, erzählt, dass er sich mit den CEOs der großen Techfirmen in Berlin getroffen habe, „sehr ernste Gespräche geführt“, „das Kartellrecht an sie adressieren“, und kommt einmal mehr auf die Umbenennung des Golf of Mexico zu sprechen, durch den „neonationalistischen US-Präsidenten“ und Google.

Und Weimer schließt, nach dem Verlesen eines Briefes von diesem, wieder mit seinem und Helmut Kohl Lieblingsdichter: „Darum lasst uns Google und Co einhegen, besteuern, zu Respekt vor den Urhebern zwingen, nötigenfalls zerschlagen. Wir sollten nicht vor Angst verzagen, sondern mehr Rilke wagen.“

Danach erneut die drei philippinischen Dichterinnen, dann die philippinische Senatorin Lore Legarda, und schließlich Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs, die ein letztes Mal vor der Übergabe ihres Amtes an Sebastian Guggolz, die Frankfurter Buchmesse mit einem Gong eröffnet.

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