
© Archiv Spectrum Concerts
Exquisite Kammermusik: Ein Abend der leisen, leidenschaftlichen Töne
Von der Kunst, achtsam aufeinander zu hören: Bei den „Spectrum Concerts“ erklingen Werke von Edgar, Kodaly und Rachmaninow im Kammermusiksaal der Philharmonie.
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Was für eine Geigenmusik! Die Serenade für zwei Violinen und Viola von Zoltán Kodály ist Leuchtpunkt und auch schon Essenz des Konzerts im Kammermusiksaal. Denn hier zeigt sich Musizieren auf seinem höchsten Stand, ein sorgfältiges, ja „achtsames“ Aufeinander-Hören, das zugleich Spontaneität zulässt, auch unerwartete Impulse flexibel aufnimmt.
Diese Tugenden der Kammermusik, so individuell wie gemeinschaftlich angewendet, sind das Herz von Frank Dodges „Spectrum Concerts“: Ein Ideal, das für jede Art von Kommunikation gelten sollte. Bei der Kodály-Serenade sind die Geiger Boris Brovtsyn und Mohamed Hiber ununterbrochen im Gespräch mit dem Bratscher Gareth Lubbe, der vielfach den erdig-vollen Ton angibt. Im gesanglichen zweiten Thema etwa, das sich dunkel ausbreitet und dem die Geiger die Glanzlichter aufsetzen – Brovtsyn mit schlanker geschärftem, Hiber mit weicherem Ton. Die Farben mischen und trennen sich wieder, finden sich im „Lento“ zum Gemälde einer nächtlichen Natur- und Seelenlandschaft.
Inspiriert von einer düsteren Legende
Kodály entwickelte volksmusikalisches Material zu einer expressiven Moderne; Edward Elgar blieb zeitlebens der Spätromantik verhaftet. Trotzdem funktioniert es, der leichten Serenade Elgars zur selben Zeit entstandenes, gewichtiges Klavierquintett gegenüber zu stellen. Zum engagierten Trio treten nun Torleif Thedéen, Cello, und Diana Ketler am Klavier hinzu. Sie hat die schwierige Aufgabe, die Fäden zusammenzuhalten und für Balance zu sorgen, und das tut sie mit bemerkenswerter Übersicht und Klarheit.
Eine düstere Legende soll das Werk inspiriert haben - die „Spectrum“-Mitglieder unterstreichen seine Konflikte mit schroffen Akzenten, entwickeln aber auch tröstliche Gegenbilder in geradezu himmlischer Klangschönheit. Einmal mehr fasziniert, wie transparent auch diese kompakte Komposition durchleuchtet wird, sodass jeder und jede in ihrem Eigenklang vernehmbar sind.
Nach Kodálys Frische könnte Sergej Rachmaninows Cellosonate organisch zu Elgars Herz-Schmerz überleiten, ein Werk, das eine tiefe Lebenskrise reflektiert. Nach dem Misserfolg seiner 1. Sinfonie war Rachmaninow erst nach psychiatrischer Behandlung wieder zum Komponieren fähig. An Ausdruck und klarer Strukturierung mangelt es Thedéen und Ketler nicht, doch an der schwierigen Klangbalance scheitern sie wie viele andere. Der Versuchung, einen supervirtuosen Klavierpart zu schreiben, konnte der glänzende Pianist Rachmaninow nicht widerstehen. Er erdrückt den Cellogesang und steuert auch manche Redundanzen bei.
Ein großes Erlebnis der feinen, leisen und leidenschaftlichen Töne allemal, das „Spectrum“-Liebhaber vielleicht bald nicht mehr genießen können. In seinem Grußwort zeichnet „Spectrum“-Leiter Frank Dodge eine düstere Zukunft, der sich Fantasie und Engagement entgegenstellen sollten.
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