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Hitze in der Wüste Nevadas. Unsere Autorin erzählt von einem Trip nach Las Vegas.

© Martin Bialecki/dpa

Kolumne Alle Wetter (7): Fahrenheit 120

Urlaubszeit ist Draußenzeit. Und wie war das Wetter?, wollen die anderen wissen. Wir ezählen in loser Folge Geschichten davon, von Sonnenbrand bis Dauerregen.

Es war großartig gewesen, unser Collegejahr in den USA. Wir hatten uns verliebt, hatten studiert wie noch nie, hatten gestaunt, wie anders dort alles war. Anno 1980 war Amerika ein exotisches Land. Und jetzt sollte es noch besser werden, die Krönung: vier Wochen on the road, from coast to coast, vom Grand Canyon zum Yosemite-Park, der Klassiker. Drei Freundinnen und ein Zelt. Und ein alter Schlitten. Ohne Klimaanlage, versteht sich. Das Auto und das Zelt.

Morgens tankten wir auf, Omelette mit Bratkartoffeln und Toast für 3 Dollar 95, das reichte für den ganzen Tag. An der Tankstelle besorgten wir uns säckeweise Eis, mit den Würfeln kühlten wir uns und die Coke. Die Fenster runtergerollt, die Arme lässig nach draußen gehängt, fühlten wir uns verdammt cool.

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Draußen war es heiß, amerikanischer Juli halt. Am Hoover Dam wurden fast 50 Grad gemessen. Celsius. Macht fast 120 Fahrenheit. Bevor wir selber zu Bratkartoffeln wurden, flohen wir zurück auf den Campingplatz in Las Vegas. Nicht in unser kuscheliges Zelt, sondern in die Mini-Spielhölle, die zum Platz gehörte. Die Hölle war, anders als üblich, schön klimatisiert. Und es herrschte kein Spielzwang an den einarmigen Banditen. Die Aufsicht hatte eine ältere Frau, die Geld wechselte, für ihre Enkelkinder strickte und fröhlich erzählte, dass sie eigentlich Lehrerin sei, aber das Gehalt zum Leben nicht reichte. In den monatelangen Sommerferien wurde sie gar nicht bezahlt.

Las Vegas ohne Glitzer und Glamour

Nach einer Weile wurde es uns doch ein bisschen klaustrophobisch in dem kleinen Raum, und wir zogen in eins der Hotelcasinos um, das Kunden wie uns mit verzweifelten Versprechungen anlockte: Free breakfast! Free gift! Las Vegas war eine schäbige Stadt, Sin City, kein Glitzer und kein Glamour wie in heutigen Tagen.

Wir hatten nichts zu verspielen, also aßen wir um Mitternacht, wohltemperiert, unsere Gratis-Eier mit Speck, zogen an den traurigen Gestalten vorbei, die aus vollen Plastikcolabechern ihre Münzen zogen, mit denen sie, Flippe im Mundwinkel (this was 1980), den Banditen fütterten. Wir marschierten geradewegs auf die Ausgabe unserer Geschenke zu. Überraschung! Jeder von uns erhielt ein zu Bonbongröße zusammengefaltetes Plastikregenhäubchen, wie es in unserer deutschen Heimat die älteren Damen trugen, um ihre Dauerwelle zu schützen. Könnte ja sein, dass es in der Wüste auch mal regnet. Ein paar Stunden später brachen wir unser Zelt in Las Vegas ab.

Bisher erschienen: „Kugelblitz am Lago Maggiore“ (13.7.), „Wo das Meer leuchtet“ (16.7.), „Sonne, Meer und Cabrio“ (19.7.), „Blitz komm raus“ (22.7.), „Leben ohne Zwiebelsäckchen“ (26.7.)., „Ein bisschen Matsch muss sein“ (29.7.).

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