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Kultur: Friedhof der Kuscheltiere

Schattenwelt des reinen Weiß: Gabriele Basch in der Galerie Kamm

„Weiß“ ist die Titel gebende Arbeit, weiß sind auch die Galerieräume, ansonsten führt Gabriele Basch mit ihrem Ausstellungstitel ein wenig in die Irre; denn die Lust an schwelgenden Farben hat sie auch mit den regelmäßigen Ausflügen in die monochromen Papierschnitte nicht verloren. „Patch“ (3750 Euro) besteht aus einem leuchtenden, echten Patchwork von Rot, Violett, Orange, Grün und Braun – schlichte Zudecke und Reminiszenz an die Farbfeldmalerei zugleich. Nur einige der Patterns sind weiß übermalt.

Den weißen Fleck macht Basch sich zu Nutze und hält der „Reinheit“ der Kunst, wie sie Clement Greenberg in den Sechzigern forderte, den banalen Weißmacher entgegen, mit dem die Werbung das Gewissen der Hausfrau wäscht. Durch die ironische Verquickung von Sublimem und Alltäglichem führt sie die Realität in die künstlerische wie rezipierende Wahrnehmung zurück.

Bei den früheren, akribisch gemalten und ins Riesenhafte mutierten Blumen und Kuscheltieren, hatte Basch den Raum durch einen ornamentalem Hintergrund oft einbezogen. Die Ausstellung in der Galerie Kamm reduziert die 1964 geborene Künstlerin nun auf das formale und inhaltliche Wesen ihrer Malerei: die Interferenzräume des Tafelbilds, das nur noch an den Seiten des Keilrahmens weitergemalt ist, sich dann aber scharf von der Wand als Bildträger abgrenzt.

Leichtfüßig jongliert Basch mit der Kunst des 20. Jahrhunderts und der alltäglichen sowie medialen Realität. Verarbeitet Logos, Kunsthandwerk und Innendekor, streift flüchtig Gerhard Richter oder Robert Ryman, das Colorfield-Painting und die Fotografie. Aus derlei Quellen, gepaart mit dem Humor Sigmar Polkes, schöpft sie sehr eigenwillige Welten. Als Vorlage dienen Schnappschüsse. Die Detailgenauigkeit und die delikat gemalte Oberfläche transformiert den fotografischen Unfall zur visuellen und gedanklichen Kollision im Kopf des Betrachters.

„Blick 1“ (2100 Euro) zeigt eine Spitzengardine, deren leichte Unschärfe eine Bewegung wie von unbekannter Hand oder einem Windhauch hervorruft. Wohin der Fremde entschwunden ist oder warum das Fenster plötzlich geöffnet war, bleibt ebenso rätselhaft wie der kleine, grüne Lichtreflex und das Schwarz am unteren Bildrand, das tiefer und bodenloser wirkt als die Nacht.

Die kompositorischen und farblichen Nuancen suggerieren eine spannungsvolle Dunkelheit. Selbst das Weiß in der gleichnamigen Arbeit (6500 Euro) konnotiert eher stürmische Assoziationen als Unschuld oder Reinheit. Die flirrenden, weißen Farbmassen drohen das Einfamilienhaus im Grünen zu verbergen. Die Verheißung vom „trauten Heim, Glück allein“ schlägt in eine profunde Einsamkeit um. Mit derart lyrisch dichten Episoden und einer visuell betonten Sprache, die nie geschwätzig wird, eröffnet Gabriele Basch formal wie emotional neue Denkräume.

Galerie Kamm, Almstadtstraße 5, bis 12. April; Mittwoch bis Freitag 13-19 Uhr, Sonnabend 13-18 Uhr.

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