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Kein Geburtstagsgeschenk zum Siebzigsten, aber einer Leihgabe: Im Hintergrund hängt Anselm Kiefers „Des Herbstes Runengespinst“.

© REUTERS/BPA

Friedrich Merz schmückt sich mit Anselm Kiefer: Wer dem Kanzler Kunst leiht

Wenn Politik und Kunst zusammenkommen, spielen häufig andere Interessen hinein. Die fragwürdige Leihgabe einer privaten Stiftung im Bundeskanzleramt mahnt zu mehr Abstand.

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„Mit dem Rücken zur Kunst. Die neuen Statussymbole der Macht“ lautete vor 15 Jahren der sprechende Titel eines Buches von Wolfgang Ullrich, für das sich der Kunsthistoriker in den Vorstandsetagen großer Unternehmen und Versicherungen umgesehen hatte. Der Titel kommt erneut in den Sinn angesichts des Werks, das Friedrich Merz für sein Büro im Bundeskanzleramt ausgewählt hat. Dort hängt hinter seinem Schreibtisch ein gewaltiges Gemälde von Anselm Kiefer mit dem Titel „Des Herbstes Runengespinst“.

Es lässt sich spekulieren, warum sich der Kanzler ausgerechnet dieses Bild ausgesucht hat und was er darin sieht. Die FAZ recherchierte, aber noch mehr trieb sie herum, woher das Bild stammt, denn normalerweise leihen sich Staatshäupter bei öffentlichen Museen die Kunst, mit der sie sich in ihren offiziellen Räumen umgeben.

Nicht so Friedrich Merz, der das wegen seines Überformats per Kran ins Kanzlerbüro gehievte Werk von einer privaten Stiftung zur Verfügung stellen ließ. Das hat ein Geschmäckle, denn Gemälde von Kiefer oder anderen Großmeistern ließen sich auch über die öffentlichen Häuser anliefern, ohne dass der Verdacht einer Gefälligkeit darauf fallen würde.  

Zur fragwürdigen Angelegenheit wird des Kanzlers Bilderwahl, wenn man erfährt, dass der Leihvertrag mit der in Bonn ansässigen privaten Stiftung für Kunst und Kultur geschlossen wurde, deren Vorsitzender der Impresario Walters Smerling ist. Sie unterhält das Museum Küppersmühle in Duisburg, dessen Präsentationen vornehmlich auf Leihgaben privater Sammler zurückgehen. Wer von ihnen den Kiefer für das Büro von Friedrich Merz zur Verfügung gestellt hat, will Smerling auf Nachfrage des Tagesspiegels allerdings nicht verraten. Im Leihvertrag des Kanzleramts mit der Stiftung steht er pikanterweise auch nicht drin.

Kunst im Bundeskanzleramt ist nicht nur eine Frage des Geschmacks. Vor dem Gebäude flattern Fahnen und steht eine Skulptur des spanischen Bildhauers Eduardo Chilllida (rechts).

© dpa/Britta Pedersen

Erst vor wenigen Wochen tauchte der Name Smerling im Zusammenhang mit dem Kanzleramt auf, als bekannt wurde, dass der Kulturmanager eine Ausstellung zum Jubiläum der Vereinigten Staaten im nächsten Jahr plant und sich damit an den im gleichen Haus residierenden Kulturstaatsminister Wolfram Weimer gewandt hatte. Der kontaktierte in Sachen USA-Schau wiederum die Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, wie die Pressesprecherin von Marion Ackermann bestätigte, ohne dass sich daraus Weiteres ergeben hätte.

Antichambrieren beim Kulturstaatsminister

Die Politik der kurzen Wege, von einer Etage des Kanzleramts zur anderen, hat hier demnach nicht verfangen. Aus Mangel an finanzieller Unterstützung muss Smerling nun seine Jubiläumsschau auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, wie er auf Nachfrage mitteilt. Sie hätte im Hangar 7 vom Flughafen Tempelhof stattgefunden, was ungute Erinnerungen an den letzten Auftritt der für ihre Blockbuster-Ausstellung bekannten Stiftung mit „Diversity United“ weckt. Der Verein war im Begriff, die Räume – hoch bezuschusst vom Senat – dauerhaft als Kunsthalle zu übernehmen. Proteste verhinderten dies.

Es wäre zur Umkehrung des Mottos von Smerlings Verein gekommen, der auf der Website prangt: „Mit privatem Einsatz öffentlich wirken“. Stattdessen hätte die öffentliche Hand private Interessen zur Wirkung gebracht, denn Ausstellungen bedeuten immer auch eine Wertsteigerung der gezeigten Werke.

Und was wird aus dem USA-Jubiläum in Deutschland? Eigentlich wollte Marion Ackermann von ihrer Reise in die Vereinigten Staaten im vergangenen Monat Ideen für die Staatlichen Museen mitbringen, vor allem wie sich den dort durch die Trump-Politik in Bedrängnis geratenen Museen helfen ließe.

Die im Austausch mit Kollegen gewonnenen „Eindrücke werden auf jeden Fall in die weiteren Überlegungen der Stiftung zum Thema einfließen“, heißt es etwas dürr auf Anfrage des Tagesspiegels. „Eine Zusammenarbeit mit Walter Smerling ist nicht geplant.“ Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz versteht offenbar besser Abstand zu halten. Zu einer Ausstellung zum USA-Jubiläum aber kommt es auch dort wohl nicht.

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