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Doppeltalent. Komponist und Dirigent Matthias Pintscher.

© Franck Ferville

Barenboim spielt Pintscher: Gong im Feuer

Die Matthias-Pintscher-Uraufführung „NUR“ mit Daniel Barenbaoim im Pierre-Boulez-Saal.

Als „Lecture-Konzert“ war der Auftritt des Boulez-Ensembles im gleichnamigen Saal angekündigt, mit einer Einführung des Komponisten Matthias Pintscher in sein Werk „NUR“. Doch dann meint der Komponist, dieses spreche für sich selbst, und wichtiger sei eine zweite Aufführung in geänderter Aufstellung im ellipsenförmigen Auditorium. Diese legt tatsächlich vorher nicht wahrgenommene Klänge frei in diesem Klavierkonzert, das seinem Auftraggeber Daniel Barenboim auf den Leib geschrieben wurde. Der Solist geizt nicht mit der Zurschaustellung seiner virtuosen Fähigkeiten in immer neuen Energieschüben von Arpeggien, Glissandi, gehämmerten Akkordrepetitionen, Trillern.

Pintscher am Dirigentenpult koordiniert das, großzügig animierend, mit dem knapp 20-köpfigen Ensemble zu intensiven Klangereignissen. Besonders fasziniert der Anfang, ein vom Horn eingeleiteter schattenhafter Einsatz des Ensembles, in dem dunkle Farben von Bassklarinette, Kontrafagott und Kontrabass vorherrschen. Daraus erhebt sich eine weitausgesponnene Cellokantilene, die die Führung quasi unfreiwillig dem Soloklavier überlässt. Dessen Fremdheit stellt Pintscher immer wieder auf den Prüfstand, indem er ihn an Celesta, Harfe, Glockenspiel oder mit Bürsten weich intonierten Gongs misst.

Elektronisch behutsam modulierte Bläser

Auf die Dauer läuft sich das ein bisschen tot – zumal man vom Komponisten gern noch etwas über Formverlauf oder Themenmaterial gehört hätte, ebenso zur Wahl des Titels, der auf Hebräisch und Arabisch „Feuer“ bedeutet. Wie im Konzerthausformat „2 x hören“ hätte man sich vielleicht auch hier auf ein einziges Stück konzentrieren sollen. So geht „NUR“ die Pintscher-Komposition "Verzeichnete Spur" von 2005 für drei Violoncelli und Kontrabass, flankiert von elektronisch behutsam modulierten Bläsern und Schlagzeug, voraus, deren linearem Verlauf und klanglichen Überblendungen die Geste des Schreibens und Verschreibens, an japanischer Kalligraphie orientiert, gut anzuhören ist.

Dazwischen erhebt sich als kostbarer Solitär die späte Sonate für Flöte, Viola und Harfe von Claude Debussy, in klangsensibler Darbietung durch Claudia Stein, Michael Barenboim und Aline Khouri berührend fragil und darüber hinaus ein Musterbeispiel für formale Ausgewogenheit, thematische Stringenz und kompositorisch weisen Verzicht auf allzuviele Töne.

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