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Antike Artefakte. Bild von der Eröffnungszeremonie.

© Uncredited/SANA/dpa

Syrisches Nationalmuseum: Grabeskunst, still und schön

Nach sechs Jahren wird das syrische Nationalmuseum in Damaskus wiedereröffnet. Das ist eine freudige Nachricht, gleichzeitig aber auch ein Propagandaerfolg Assads.

Vor acht, neun Jahren war es noch möglich. Man flog nach Damaskus oder Aleppo, was keine Entfernung ist, nicht weiter als Kairo und die Pyramiden. Man fuhr nach Palmyra und war allein mit den Tempeln und Säulengängen und Türmen, der still leuchtenden Antike in der Wüste. Syrien war nicht unbedingt ein Touristenland, aber offen für Westler. Man durfte sich sicher fühlen. Dafür sorgte die Assad-Diktatur. Wer kümmerte sich schon um die Gefangenen, die Gefolterten, die Getöteten in Assads berüchtigten Gefängnissen? Das schlimmste befand sich in Tadmor, nahebei den Ruinen von Palmyra.

Im Jahr 2011 begannen die Massaker, der Arabische Frühling mutierte zum Bürgerkrieg. Hunderttausende Menschen wurden getötet, Millionen sind auf der Flucht. Und es ist nicht vorbei. Der von den Russen offenbar um jeden Preis gestützte Kriegsverbrecher Assad schafft es, Normalität vorzutäuschen.

Politik mit antiken Artefakten

Kultur ist eine passive Waffe. Jetzt wurde in Damaskus das syrische Nationalmuseum wiedereröffnet. Es war sechs Jahre geschlossen. Hunderttausende Antiken waren vor Bombardements und Anschlägen in Sicherheit gebracht. Syriens Kulturminister Mohammad al-Ahmad erklärte beim Festakt am Sonntag, die offenen Türen des Museums seien ein Zeichen, dass die Sicherheit in der syrischen Hauptstadt wieder hergestellt sei.

So wird Politik gemacht mit römischen Grabmälern, uralten Tontafeln, frühchristlichen Relikten. Sie gehören, wie man so schön sagt, zum Erbe der Menschheit. Wo heute Barbarei herrscht – und das ist im Irak nicht anders –, gründeten sich vor Tausenden von Jahren die ersten Zivilisationen; so weit wir das wissen.

Dilemma bleibt unauflösbar

Syriens Machthaber hat diese Karte international ausgespielt. Assad präsentiert sich als Hüter der Kultur. Und in gewisser Weise stimmt das auch. Es waren Krieger des Islamischen Staats, die in Palmyra ebenso gezielt antike Stätten angegriffen haben. Sie wissen, wie sehr das vor allem auch die Seele des Westens trifft. Und Assad sieht sich da als der kultivierte Seelentröster. Soll man deshalb die Nachricht aus Damaskus ignorieren?

Es ist gewiss von großer Bedeutung für die Zivilbevölkerung, dass das Museum wieder eröffnet hat. Es ist ein Propagandaerfolg des Regimes. Man erinnert sich: Nach der Wiedereroberung von Palmyra flogen die Russen das Mariinsky Symphony Orchestra aus St. Petersburg ein, das unter Valery Gergiev Prokofiew und Bach spielte – auf den Stufen des antiken Theaters, das der IS als Hinrichtungsstätte benutzt hatte.

Das Dilemma bleibt unauflösbar. Deutsche Archäologen haben in den Jahren des Kriegs zur Rettung und Konservierung der syrischen Altertümer beigetragen. Man kann das auch als einen Akt des Widerstands gegen die derzeitigen Machtverhältnisse sehen; denn sie werden zwar elend lang, aber nicht ewig währen. Ja, es ist eine positive Nachricht. Es geht den Artefakten gut. Die Sammlungen des Nationalmuseums Damaskus sind vor allem für ihre Grabbildnisse berühmt. Wenn man die Wahl hätte – in Syrien wäre es wünschenswert, ein Museumsstück zu sein. Die werden besser dort behandelt als die Menschen.

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