zum Hauptinhalt
Weltenbummler. Vladimir (Stanislaw Ljubschin) und Gedevan (Lewan Gabriadse).

© Drop-out Cinema

Grandiose Sci-Fi-Satire wiederentdeckt: In „Kin-Dza-Dza!“ trifft Monty Python auf Mad Max

Die abgedrehte sowjetische Komödie „Kin-Dza-Dza!“ avancierte nach Zusammenbruch der UdSSR zum russischen Kultfilm. Nun ist sie in Berliner Kinos zu sehen.

„Ko!“ Mehr kommt den beiden gerupften Gestalten, die einem eisernen Fluggerät entstiegen sind, nicht über die Lippen. Dazu machen sie sonderbare Gesten und Verrenkungen.

„Muss wohl doch ein kapitalistisches Land sein“, brummt der russische Bau-Polier Vladimir (Stanislaw Ljubschin) lapidar zu seinem Begleiter, dem georgischen Musikstudenten Gedevan (Lewan Gabriadse), angesichts des wunderlichen Schauspiels im Nirgendwo einer Wüste.

Aber wer ist hier der Außerirdisch? Gerade hofften die beiden Männer noch, dass die Wüste in Zentralasien und Mütterchen Russland damit in Laufnähe liegt.

Tatsächlich sind sie es, die auf einem anderen Planeten gestrandet sind, auf dem Wüstenplaneten Plük in der Galaxie Kin-Dza-Dza gestrandet.

Ein unbedachter Knopfdruck auf eine Art Fernbedienung in der Hand eines irre faselnden Obdachlosen hat die beiden auf eine interstellare Reise geschickt. Nun stehen sie in der Wüste und dürfen zusehen, wie sie wieder nach Hause kommen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

So viel kriegen die Weltenbummler wider Willen aber schnell spitz. Ausbeutung hat den Planeten veröden lassen, es herrschen aberwitzige Hierarchien, die an nicht viel mehr als den Hosen festzumachen sind. Und wer Streichhölzer hat, ist ein gemachter Mann, aus dem Schwefel lässt sich Treibstoff herstellen.

Gut, dass Vladimir Raucher ist. Giorgi Danelias 1986 in der Sowjetunion entstandener Science-Fiction-Film war seinerzeit kein großer Erfolg beschieden, er brannte aber nach. Heute gilt er in Russland wegen seines verschrobenen Humors als Kult.

[In Brotfabrik, Sputnik und Z-inema]

Anders als seine westlichen Pendants punktet „Kin-Dza-Dza!“ nicht mit Effekten. Seine Science-Fiction-Konzeption steht eher in der literarischen Tradition von Groteske und Gedankenspiel.

Die wirtschaftlichen Beschränkungen erhebt der Film zum Stilmittel, er besitzt den rohen Charme des Handverschweißten. „Monty Python meets Mad Max“, schrieb das Filmmagazin „Little White Lies“. Die rostige, von groben Textilien durchsetzte Haptik dieser Filmwelt könnte wirklich von Terry Gilliam stammen.

Auch der real existierende Sozialismus wird aufs Korn genommen

Vordergründig geht der Film als Satire auf den Westen durch, auf dessen Lust an der Geschäftemacherei und undurchsichtige Hierarchien, die man in der Sowjetunion offiziell für überwunden glaubte.

Andererseits dürften die Mangelwirtschaft auf Plük und der Schwarzmarkt, den Vladimir und Gedevan zu ihren Gunsten zu drehen versuchen, dem zeitgenössischen Publikum manches schiefe Grinsen ins Gesicht gezaubert haben.

Zu eindeutig sind die Anspielungen auf real existierenden Sozialismus. Nicht zuletzt stellt der Film eitle Herrschaftskultur im Niedergang bloß. Die Zensoren mag diese Spitze wider den Westen gefreut haben. Vier Jahre später war die Sowjetunion Geschichte.

Thomas Groh

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false