Kultur: Heimkehr
Von Tishani Doshi
Ich vergaß, wie sehr Madras Lärm liebt –
Nachbarn liebt und schwangere Frauen
Und Götter und Säuglinge
Und Brahmanen, die sich wie Feuerhymnen
Erheben, um die Luft zu versengen
mit gewohnten Erdbeben
Wie Leichenzüge durch die Straßen
Lärmen mit Trommeln und Rosenblütenblättern
Und den Tod tanzen bis zur Taubheit.
Wie Straßenhändler und Katzen Liebesgeräusche
Machen auf Schlafzimmermauern und nächtlichen
Gassen, opernhaft und dunkel.
Wie Autos im Rückwärtsgang Jingle Bells singen
Und Motorroller Lastwagenkehlen haben.
Wie sogar Farben nie ruhig sein können.
Wie Fischersfrauen in schreiendem Rot –
In Röcken und mit leuchtenden Dritten Augen
Und Armreifen gleich rasselnden Planeten
Und tamilische Frauen auf ihren Morgenspaziergängen
In Saris, mit Jasminduft und Turnschuhen
Den Tag und seine ganze dünnhäutige Stille zerfetzen können.
Ich vergaß, wie ein Mann, der unter dem Rumpf eines
Zerfetzten Boots stirbt, Zusagen verlangen kann;
Wie sie so geräuschlos wie das Meer sein können
An einem verwundeten Tag, der den Boden der Erde so einfach
Verändert wie die durchsickernde Sonne –
Der Monsunregen, der alles verteilt.
Aus d. Englischen v. Rainer G. Schmidt / Die indische Autorin, geboren 1975, lebt nach einem Studium in den USA wieder in ihrer Geburtsstadt Madras. (8. 9., 19 Uhr, HdBF).
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