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Pierre Baigorry, Demba Nabé und Frank Dellé von Band Seeed beim beim Lollapalooza Festival auf dem Gelände des ehemaligen Flughafen Tempelhof.

© Britta Pedersen/dpa

Lollapalooza-Festival Berlin: Heimspiel-Siege zum Abschluss

Der zweite Tag des Lollapalooza-Festivals in Berlin: starke Konzerte von den Beatsteaks, Seeed und Sam Smith - und mehr Toiletten.

"Wir sind mit dem Fahrrad da", ruft Beatsteaks-Sänger Arnim Teutoburg-Weiß und grinst. Klar, die Band hat ein Heimspiel auf dem Flughafen Tempelhof, was sie angemessen zelebriert. Zwei Mal noch erwähnt der Frontmann, dass die Beatsteaks "aus dieser Stadt" kommen. Später bei der Bandvorstellung nennt er bei jedem Mitmusiker auch den Bezirk, in dem er wohnt. Ja, Lokalpatriotismus kann die vor 20 Jahren im Ostteil der Stadt gegründete Truppe.

Die Beatsteaks spielen ein knackiges einstündiges Best-of-Set, das von der dicht gedrängt stehenden Menge vor der zweiten Hauptbühne begeistert aufgenommen wird. Mitsingen, mitspringen, den Bandnamen im Wechselspiel mit Bernd Kurtzkes Gitarre skandieren - die Fans kennen ihre Rolle in der Show. Als sie am Ende mit Teutoburg-Weiß den "Let Me In"-Refrain brüllen, kann man das wahrscheinlich noch am anderen Ende von Neukölln hören.

Zwischen Hits wie "Jane Became Insane", "Hand In Hand" und dem tollen "Gentleman Of The Year" vom letzten Album ist auch Platz für einen neuen Song und das von Gitarrist Peter Baumann gesungene "Linie 1"-Cover "Hey Du". Es stimmt mal wieder alles bei diesem energetischen Beatsteaks-Auftritt - allein das grüne Jägerhütchen von Teutoburg-Weiß sieht ein bisschen bescheuert aus.

Das Konzert ist nach dem schönen, aber noch mäßig besuchten My-Morning-Jacket-Auftritt der zweite Höhepunkt des zweiten Lollapalooza-Tages in Berlin. Das WC-Debakel des Vortages wurde durch zusätzlich aufgestellte Toiletten behoben, die anschließend gleich stehen bleiben für die demnächst hier einziehenden Flüchtlinge. Die Essenschlangen sind allerdings weiter lang. Auch an diesem Tag ist das Festival, das 1991 in den USA gegründet wurde und zum ersten Mal in Europa stattfindet, mit rund 40000 Besucherinnen und Besuchern wieder ausverkauft. So voll war es beim Vorgänger nie, dem in die Arena abgewanderten Berlin Festival. Das spürt man deutlich. Anders als damals, als stets zwei Bühnen in den Hangars standen, sind die vier Bühnen nun alle so aufgebaut, dass sich das Publikum immer auf dem Feld befindet, was viel größere Mengen ermöglich. Zum Glück war das ganze Wochenende schönes Wetter.

Grammy-Gewinner Sam Smith überzeugt

Am frühen Abend spielt Sam Smith auf der Hauptbühne und entschuldigt sich erstmal dafür, dass er nicht ganz fit sei. Am Tag zuvor hatte er einen Auftritt in Spanien abgesagt. "Ich habe mir einen Erkältung eingefangen", sagt der 23-jährige Brite. Wahrscheinlich liege dass an der Aufregung darüber, dass er den nächsten James-Bond-Song singen darf. In Berlin ist dem vierfachen Grammy-Gewinner allerdings nichts anzumerken. Mit seiner einfühlsamen Stimme singt er sich souverän durch die Soul-Pop-Hits seines Debütalbums. Begleitet wird er von einer fünfköpfigen Band und drei Background-Sängern, die auch mal vorne bei ihm an der Bühnenkante stehen und bei einem Cover-Medley aus "Tears Dry On Their Own", "Ain't No Mountain High Enough" und "Le Freak" zeigen, was sie können.

Seeed sehen schick aus und tanzen synchron

Eine überzeugende Show, die auch Pierre Baigorry alias Peter Fox von Seeed gefallen hat. Er lobt den Kollegen später beim rappelvollen Auftritt seiner Band. Es ist ein weiteres Berlin-Heimspiel, das mit einem souveränen Sieg endet. Die in Fußballmannschaftsstärke angetretene Band wirft mit "Augenbling" und "Wonderful Life" gleich zwei Kracher vom letzten Album aufs Feld. Baigorry, Frank Dellé und Demba Nabé tanzen vorne mal synchron, toben dann wieder durcheinander. Sie tragen wie die restliche Band Anzug und Schlips, was sehr schick aussieht. Nabé hat eine lustige Korkenzieher-Locken-Perrücke auf dem Kopf, die er zwischendurch mal ablegt und dann wieder aufzieht.

Einen anderen Look geben Seeed auch ihrer Berlin-Hymne "Dickes B", die sie zuerst mit "Mundian to bach ke" von Panjabi MC und dann noch mit Justin Timberlakes "SexyBack" verschneiden. Für Abwechslung sorgt auch die vierköpfige Trommlergruppe Cold Steel, die bei "Alles Neu" von Peter Fox auf die Bühne kommt und mit ihren choreografierten Moves und Tricks beeindruckt.

Muse vertreiben die Spätesommerwärme

Die vielen in orange-gelbes Licht getauchten Reggae- und Dancehall-Stücke verbreiten nochmal Spätsommer-Flair. Man möchte sie als kleine Wärmespeicher am liebsten in der Tasche mit nach Hause nehmen. Leider treten aber noch Muse als letzter großer Headliner auf der Hauptbühne auf und vertreiben diese Stimmung mit ihrem gruseligen Mottenkisten-Rock umgehend. Vielleicht schaffen es die Veranstalter bei der nächsten Lollapalooza-Ausgabe, die für den 10. und 11. September 2016 geplant ist, für diese prominente Stelle einen weniger altbackenen Act zu buchen. Wie wäre es zum Beispiel mal mit einer Frau? Lorde, Adele oder Florence & The Machine würden ihre Sache sicher auch gut machen auf dem ehemaligen Flugfeld.

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