
© dpa/Richard Shotwell
„Herr Merz, haben Sie den Mut?“: Weitere 160 Prominente aus der Kultur unterzeichnen Offenen Brief zu Israel
Inzwischen fordern fast 400 Prominente eine andere Politik Israel gegenüber. Zuvor hatte die Journalistin und Aktivistin Sarah Maria Sander mit den Erstunterzeichnern ziemlich gnadenlos abgerechnet.
Stand:
Vor einer Woche hatte ein Offener Brief von 200 Prominenten überwiegend aus der deutschen Filmszene an Bundeskanzler Friedrich Merz für Aufsehen gesorgt. Darin wurde an diesen appelliert, alle deutschen Waffenexporte nach Israel zu stoppen, „mit Nachdruck einen sofortigen Waffenstillstand und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe“ zu fordern und zu verhindern, dass „Millionen von unschuldigen Menschen auf brutalste Weise kollektiv“ bestraft würden.
Sandra Hüller ist mit dabei, auch Fatih Akin und Nina Chuba
Merz sei „einer der Wenigen, der Israel dazu bewegen kann, doch noch den Kurs zu ändern“, meinten in dem Brief unter anderen Heike Makatsch, Daniel Brühl, Benno Führmann oder Shirin David und fragten den Kanzler: „Haben Sie den Mut dazu?“
Die Initiatoren und Unterzeichnerinnen des Briefes scheinen weiterhin rührig gewesen zu sein, denn jetzt sind es noch einmal über hundertsechzig, wieder überwiegend aus der Filmszene kommende Kulturmenschen mehr, die den Brief unterzeichnet haben. Darunter am prominentesten Sandra Hüller, Fatih Akin und Nicolette Krebitz, aber auch Clueso und Nina Chuba aus dem Pop-Bereich. Man weiß in dem Brief, dass „Worte allein keine Leben retten“, also um eine gewisse Machtlosigkeit, und setzt nun die Power der eigenen Prominenz ein.
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Auffallend an der Platzierung der Meldung über die Vielzahl weiterer Prominenter, die den Offenen Brief unterschrieben haben, ist, dass sie nur einen Tag nach einer knapp viertelstündigen Wutrede der Journalistin und Aktivistin Sarah Maria Sander kommt, die weite Kreise im Netz gezogen hatte. Sander hatte bei YouTube ein Video eingestellt, in dem sie mit den Kultur- und Filmschaffenden ziemlich gnadenlos abrechnet.
Wo wart ihr am 7. Oktober 2023? Wo waren eure Briefe als Menschen in ihren Häusern verbrannten, als Kinder entführt, als Frauen vergewaltigt wurden?
Sarah Maria Sander, Journalistin und politische Aktivistin
Ganz direkt spricht Sander die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen des Briefes an: „Euer Aktivismus ist nichts“, hebt sie darin an, „es ist eine Show. Was ihr hier als eine Gewissensentscheidung verkaufen wollt, ist nichts anderes als Selbstvergewisserung. Es ist Gratismut, ohne Risiko, ohne Haltung. (...) ihr seid laut, weil es euch nichts kostet.“ Und sie fragt: „Wo wart ihr am 7. Oktober 2023? Wo waren eure Briefe als Menschen in ihren Häusern verbrannten, als Kinder entführt, als Frauen vergewaltigt wurden?“
Sander, die 1995 geboren wurde und in Deutschland aufwuchs, kommt aus einer jüdischen Familie mit russischen, ukrainischen und aserbaidschanischen Wurzeln. Sie studierte an der Ernst-Busch-Schauspielschule und war im Anschluss daran Teil des Ensembles der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.
Seit Jahren ist sie politisch aktiv, setzte sich für politische Gefangene in Russland und Belarus ein, und seit dem 7. Oktober hat sie sich ganz der israelischen Sache verschrieben, kämpft sie „gegen Desinformation und einseitige Berichterstattung und den israelbezogenen Antisemitismus in Deutschland“, wie es auf ihrer Website heißt.
„Wo waren eure Briefe, wo war eure Empörung über das Blutbad beim Novafestival?“, fragt sie nun ihre einstigen Schauspielkolleginnen und -kollegen, „wo war eure Verurteilung der Hamas?“ Folgerichtig bezeichnet sie auch jetzt den Satz in dem Offenen Brief, dass man „die grauenvollen Taten der Hamas aufs Schärfste“ verurteile, als „leere Floskel“, als moralisches Feigenblatt.
„Dieser Brief“, so schließt Sander ihren Rant, „ist eine moralische Bankrotterklärung der Kunst- und Kulturszene, einer Branche, die sich selbst verraten hat und für gar nichts mehr steht.“
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