„Hillbilly-Elegie“ von J. D. Vance: Ullstein-Verlag wirft Buch von Trumps Vizekandidat aus dem Programm
Vor einigen Jahren rührte J. D. Vance mit seiner Autobiografie Millionen. Nun will sein deutscher Verlag das Buch nicht mehr nachdrucken – aus politischen Gründen.
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Seit seiner Ernennung zur rechten Hand von Donald Trump ist das Interesse an dem US-Politiker J. D. Vance weltweit groß. Auch sein Bestseller „Hillbilly-Elegie“ wird – acht Jahre nach seinem Erscheinen – wiederentdeckt. Doch die 2017 bei Ullstein erschienene deutsche Übersetzung der Autobiografie des Vizepräsidentschaftskandidaten der US-Republikaner, die zugleich viel über sozial abgehängte weiße Menschen in Amerika erzählt, war zuletzt vergriffen.
Und dabei könnte es vorerst bleiben, denn der Ullstein-Verlag will das Buch auf Deutsch nicht mehr nachdrucken. Wie der „Spiegel“ berichtet, hat dies politische Gründe.
„Zum Zeitpunkt des Erscheinens lieferte das Buch einen wertvollen Beitrag zum Verständnis des Auseinanderdriftens der US-Gesellschaft“, sagte eine Ullstein-Sprecherin dem Magazin. Mittlerweile vertrete Vance jedoch an der Seite von Donald Trump, dessen Gegner er früher noch war, selbst eine „aggressiv-demagogische, ausgrenzende Politik“. Deswegen habe man sich entschlossen, den Lizenzvertrag mit dem Autor nicht zu verlängern und keinen Nachdruck von „Hillbilly-Elegie“ zu liefern.
Münchner Kleinverlag hat sich Rechte gesichert
Eine deutschsprachige Neuauflage des Buches wird es trotzdem geben. Sie erscheint am 15. August nicht im Ullstein-Verlag, sondern bei Yes Publishing. „Wir haben das Buch ganz kurzfristig bei der Agentur in Amerika eingekauft, als wir erfahren haben, dass Ullstein die Rechte nicht verlängert hat“, sagte Oliver Kuhn, Mitgründer des Münchner Kleinverlags, dem „Spiegel“. Er rechne mit einem Bestseller, gemessen am derzeitigen Erfolg der englischsprachigen Ausgabe.
Bei Yes Publishing erscheinen bislang vor allem Ratgeber und populärwissenschaftliche Bücher wie „Generation lebensunfähig“, „Paartherapie für zuhause“ oder „Unnützes Wissen über Borussia Dortmund“.
Eine Geschichte der Resignation
In seinem Buch, das 2020 von Ron Howard verfilmt wurde, erzählt J. D. Vance eine Geschichte vom gescheiterten Aufstieg und von der Resignation einer ganzen Bevölkerungsschicht. Das „Wall Street Journal“ schrieb über das Werk: „Hillbilly Elegy ist ein wunderschönes Memoir, aber auch ein kulturkritisches Werk über das Amerika der weißen Arbeiterklasse. … (Vance) bietet eine überzeugende Erklärung dafür, warum es für jemanden, der so aufgewachsen ist wie er, so schwer ist, es zu schaffen. Ein fesselndes Buch.“
Seine Großeltern, echte Hillbillys, das heißt Angehörige der weißen Arbeiterschaft in ländlichen Gegenden, versuchten, mit Fleiß der Armut zu entkommen und sich in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren. Doch letztlich war alles vergeblich. Misshandlung, Alkoholismus und Armut sind wesentliche Eigenschaften des Hillbilly-Lebensstils.
Vance erlebte den Abstieg einer Bevölkerungsschicht
James David Vance, geboren 1984, verbrachte Kindheit und Jugend in der Industriestadt Middletown im US-Bundesstaat Ohio und in den Appalachen von Kentucky. Während seiner Jugend erlebte er den wirtschaftlichen Niedergang und den Abstieg der Menschen dort mit. Er wuchs in zerrütteten Familienverhältnissen auf, trat nach der Highschool in das Marinecorps ein und war im Irak stationiert. Später studierte er an der Yale University Jura und wurde Direktor einer Investmentfirma im Silicon Valley.
Ursprünglich ein erbitterter Gegner Trumps wurde Vance kürzlich von dem republikanischen Spitzenkandidaten in sein Wahlkampfteam geholt und als künftiger Vizepräsident nominiert. (Tsp, dpa)
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