Was machen wir heute?: Historisch denken
Wie ein Neuberliner die Stadt erleben kann - Hexenprozesse mitverfolgen.
Vielleicht hätte ich die Finger von den Stechapfel-Bonbons lassen sollen, aber mir ist, als ob ich neulich im Jobcenter folgendes Gespräch mitangehört hätte:
S.: Wo ist er denn gewesen, als es montags hieß, die Fuhrwerke des Grossisten zu leeren?
M.: Die schlimme Fruw war da und hat den Trunk gebracht.
S.: Und war ihm da anderntags der Grossist einerley, der ihn großmütig für einen Taler die Stund die Paletten schleppen lässt ...?
M.: Entsinn ich mich doch nit!
S.: Ist er denn nicht in den letzten Wochen efters rauschig gewesen?
M.: Das mag wohl seyn.
S.: War da nur die Fruw oder noch andere Unholdinnen?
M.: Nun, erst war die schlimme Fruw alleyne, doch speter schint sie zwie- dann dreyfach im Raume geschwanket zu seyn.
S.: Geschwanket? Er meynt gedanzet?
M.: Jaja, gedanzet.
S.: Den Hexentanz also!
M.: Mir wird ganz dumm von dero Reden.
S.: Ob er sich auch mit ain salb beschmieret, gemachet aus siben krewtern?
M.: Gewiss, dem Rheuma zum Trutz!
S.: Und ist er fedrig geworden und alsbald wie die Störche geflogen?
M.: Jaja, ein Storch bin ich gewesen.
S.: Aha! Ein Storch also! Und ist er als dieses Tier zum Sabbath geflogen.
M.: Ach, zum Deibel!
S.: Hört! Zum Deibel ist er geflogen. Und was hat er da gepfleget?
M.: Oh, manch wundersames Ding. Auf einer Panflöte aus Sternburg-Flaschen hab ich geblasen eine schändliche Melodei, verkehrt herum bin ich gehupft, bis der Regenbogen hernieder kam.
S.: Ruchloser! Die Bezüge sind gestrichen!
M.: Nun denn, Gott zum Gruße.
S.: Raus!
Die echten Hexenprozesse und anderen Wahnwitz der deutschen Geschichte veranschaulicht das Deutsche Historische Museum, Unter den Linden 2, www.dhm.de.