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Hildegard Knef (Undatierte Aufnahme von 1982).

© dpa/Jörg Schmitt

„Ich will alles“: Hildegard Knef zum 100. Geburtstag

Als sie 2002 starb, warf die Trauergemeinde 1000 rote Rosen in das Ehrengrab auf dem Friedhof Berlin-Zehlendorf. Hildegard Knef war in Deutschland wie den USA ein Star und ist bis heute eine Kultfigur.

Stand:

Vor 100 Jahren, am 28. Dezember 1925, wurde „die Knef“ in Ulm geboren. Es war sozusagen die allererste private Bühne für den Weltstar Hildegard Knef. Allerdings gab sie nur ein ganz kurzes Gastspiel in ihrer Geburtsstadt. Nach dem frühen Tod des Vaters zog ihre Mutter Frieda mit der sieben Monate alten Hildegard nach Berlin. Und dort begann ein unfassbar spannendes, künstlerisch großartiges und menschlich mitreißendes Leben.

Ich will alles

© Privatarchiv Hildegard Knef

„Ich will alles“, lautet der Titel der filmischen Dokumentation von Luzia Schmid, die auf der Berlinale 2025 ihre Premiere feierte. Zu finden ist sie – genau wie die Spielfilme der Knef „Die Sünderin“ und „Alraune“ in der ARD-Mediathek.

Ihre Rolle der Prostituierten Marina im Film „Die Sünderin“ (1950) löste den ersten handfesten deutschen Filmskandal aus. Eine kurze, sekundenlange Nacktszene erregte die Gemüter über die Maßen.

Triumph und Skandal zugleich: Mit dem Film „Die Sünderin“ wurde Hildegard Knef berühmt – und in manchen Kreisen berüchtigt.

© imago images/Everett Collection/via www.imago-images.de

Die evangelischen und katholischen Filmbeauftragten traten unter Protest aus der FSK aus, weil diese den Film ab 18 Jahren freigegeben hatte, katholische Bischöfe wetterten von ihren Kanzeln, es gab wütende Proteste vor den Kinos – teilweise wurden die Filmplakate beschmiert.

Das Filmplakat zur „Sünderin“ wurde aus Wut über den Film vielerorts beschmiert, auch die Kirche machte mobil.

© IMAGO/Album/imago

Der 25-jährigen Hildegard Knef war die von ihr ausgelöste Aufregung eher unverständlich. Zu schaffen machte ihr jedoch der massive Shitstorm: Aus dem Erfolg sei eine Verfolgung geworden, ihre tägliche Lektüre seien „Drohbriefe, Morddrohungen, im Detail aufgeführte Anliegen zahlloser Sexualverrückter“, schrieb sie später in ihrer Autobiografie „Der geschenkte Gaul“.

Foto aus dem Film "Die Mörder sind unter uns" von Wolfgang Staudte

© DEFA Stiftung/Eugen Klagemann

Den künstlerischen Durchbruch hatte ihr vier Jahre zuvor der erste deutsche Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“ (1946) gebracht, in dem sie eine KZ-Überlebende spielt. Der Film machte sie zum internationalen Star und brachte Hildegard Knef, die damals mit dem jüdischen US-Presseoffizier Kurt Hirsch verheiratet war, ein Engagement in Hollywood.

Hildegard Knef war Mercedes-Fan. Für ihre Deutschland-Tournee 1968/69 stellte die Daimler-Benz-Niederlassung Berlin der damals 43-jährigen Schauspielerin, Sängerin und Autorin einen Mercedes 300 SEL zur Verfügung, den sie am liebsten selber fuhr.

© Promo

Hildegard Knef war Mercedes-Fan. Für ihre Deutschland-Tournee 1968/69 stellte die Daimler-Benz-Niederlassung Berlin der damals 43-jährigen Schauspielerin, Sängerin und Autorin einen Mercedes 300 SEL zur Verfügung, den sie am liebsten selber fuhr.

Hildegard Knef erholt sich im Juli 1973 nach einem längeren Klinikaufenthalt in Strobl am Wolfgangsee in Österreich. Als «Sünderin» im gleichnamigen Film zu Beginn der prüden 50-er Jahre schlagartig berühmt geworden, konnte «die Knef» auf ein turbulentes Leben mit Höhen und Tiefen zurückblicken. Ein Leben wie auf einer Achterbahn zwischen Berlin und Hollywood, Babelsberg und dem Broadway, mit mindestens drei Karrieren als Schauspielerin, als Chansonsängerin und Bestsellerautorin - «Der geschenkte Gaul» verkaufte sich millionenfach in aller Welt. Der Todestag der Schauspielerin und Sängerin jährt sich am 01.02.2022 zum zwanzigsten Mal. (zu dpa: «Anderthalb Frauen - Vor 20 Jahren starb Hildegard Knef») +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Horst Ossinger

Die ideale Frau gibt es ebenso wenig wie den idealen Mann, bloß ein bisschen öfter.

Eines der vielen klugen Zitate von Hildegard Knef.

ARCHIV - 24.05.1976, Bayern, München: Hildegard Knef lacht bei einer Aufnahme im Plattenstudio in München. (zu dpa: «100 Jahre Hildegard Knef: Hier erinnert sich ihr Visagist») Foto: Istvan Bajzat/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Istvan Bajzat

Witzig war sie natürlich. Selbstironisch. Einfach wunderbar in ihren Formulierungen: „Liebe ist im Grunde eine chemische Reaktion. Aber es macht Spaß, nach der Formel zu suchen.“

Hildegard Knef, deutsche Sängerin und Schauspielerin, Deutschland ca. 1978. German chanson singer and actress Hildegard Knef, Germany ca. 1978. Nur redaktionelle Nutzung. Editorial usage only. Copyright: ArthurxGrimm UnitedArchives82001702

© imago images/United Archives/United Archives / kpa / Grimm

Brüllt ein Mann, ist er dynamisch. Brüllt eine Frau, ist sie hysterisch.

Hildegard Knef

ARCHIV - 01.06.1977, NA, Berlin: Strahlend nimmt das frisch vermählte Paar, die deutsche Schauspielerin («Die Sünderin»), Sängerin und Buchautorin («Der geschenkte Gaul») Hildegard Knef und Paul Rudolf Freiherr von Schell zu Bauschlott, am 1.6.1977 nach der standesamtlichen Trauung vor dem Standesamt in Berlin-Charlottenburg die Glückwünsche der Schaulustigen entgegen. (zu dpa: «100 Jahre Hildegard Knef: Hier erinnert sich ihr Visagist») Foto: Chris Hoffmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Chris Hoffmann

Geheiratet wurde natürlich auch in Berlin: Strahlend nimmt das frisch vermählte Paar, Hildegard Knef und Paul Rudolf Freiherr von Schell zu Bauschlott, am 1. Juni 1977 nach der standesamtlichen Trauung vor dem Standesamt in Berlin-Charlottenburg die Glückwünsche der Schaulustigen entgegen.

Was Computer noch mit uns treiben werden, das ahnen wir noch nicht mal vage.

Hildegard Knef

Zur ARTE-Sendung Hildegard Knef - So oder so ist das Leben Hildegard Knef, eine der prägendsten Künstlerinnen der deutschen Nachkriegszeit, bei einer Signierstunde der holländischen Ausgabe ihres Buchs „Der geschenkte Gaul“ („Een gegeven paard“) © SWR/Public Domain Foto: SWR Honorarfreie Verwendung nur im Zusammenhang mit genannter Sendung und bei folgender Nennung "Bild: Sendeanstalt/Copyright". Andere Verwendungen nur nach vorheriger Absprache: ARTE-Bildredaktion, Silke Wölk Tel.: +33 3 90 14 22 25, E-Mail: bildredaktion@arte.tv

© © SWR/Public Domain

„So oder so ist das Leben“, „Ich bin zu müde, um schlafen zu gehen“ oder auch „Ich brauch’ Tapetenwechsel“ sind nur einige der immer hörenswerten Songs der Knef. Ganz abgesehen von den Liebeserklärungen an ihre Stadt – Berlin.

Eine zweite Karriere – neben der als Schauspielerin – macht sie als Autorin und Sängerin. Das Buch „Der geschenkte Gaul“ (1970) wurde zu einem großen Erfolg und „Das Urteil“ (1975), in dem sie sich mit ihrer Krebserkrankung auseinandersetzte, schaffte es auf den zweiten Platz der US-Bestsellerliste. Als Sängerin umfasste ihr Repertoire 320 Titel, zu 130 davon hatte sie selbst die Texte geschrieben.

Sängerin und Schauspielerin Hildegard Knef mit Moderator Thomas Gottschalk, 1988.

© imago/United Archives/United Archives / Valdmanis

„Wenn ich nochmal auf die Welt komme, will ich ein Mann sein. Dann hört diese Fummelei an den Haaren auf“, der Humor der Knef blitzt auch bei diesem Zitat auf – obwohl „Wetten, dass ...“-Moderator Thomas Gottschalk vermutlich ähnlich viel für seine Frisur tun musste.

Potsdam Stadthaus, Oberbürgermeister Horst Gramlich (SPD) ernennt Hildegard Knef zur Botschafterin Stadtjubiläum 1000 Jahre Potsdam.   19.8.1992  Foto: Manfred Thomas

© MANFRED THOMAS TSP

Man muss an das glauben, was man tut – und ab und zu etwas aufmüpfig sein.

Hildegard Knef

Rote Rosen für Hildegard Knef im Berliner Wintergarten zur Premierenfeier ihres Films «Für mich soll's rote Rosen regnen» (Archivbild vom 04.10.1995). An die Schauspielerin und Sängerin erinnert die 400. «Berliner Gedenktafel». Die Porzellantafel wird am 15. August an Knefs ehemaligem Wohnhaus in der Leberstraße 33 im Stadtteil Schöneberg enthüllt. Foto: Hubert Link dpa/lbn +++(c) dpa - Bildfunk+++

© dpa/Hubert Link

„Für mich soll’s rote Rosen regnen – vielleicht ihr bekanntestes Lied. Jedenfalls erhielt sie zeitlebens viele rote Rosen. Und das Lied hat die Botschaft einer selbstbewussten Frau. Schon damals, als das durchaus selten war.

Selbstermächtigung und der Wunsch nach einem freien Leben: „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ spricht vielen aus dem Herzen und hat Hildegard Knef auch bei nachfolgenden Generationen berühmt gemacht. Der Song wurde von ihr mit der Band „Extrabreit“ eingesungen, das Tempo durchaus tanzbar.

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Eine Frau mit rauchiger Stimme, klugen Texten und dunkel geschminkten Augen. „Wenn sie die Wimpern dran hatte, dann war sie schon Diva“, erinnert sich ihr früherer Visagist René Koch. Am meisten fasziniert habe ihn ihr Humor. Sie habe sich trotz Widrigkeiten im Leben nicht unterkriegen lassen.

Hildegard Knef und Inge Meysel (v. links) eröffnen touristische DEFA-Tour auf dem DEFA-Gelände.

© MANFRED THOMAS TSP

Zwei weibliche Ikonen: Hildegard Knef und Inge Meysel eröffneten im August 1991 eine touristische Defa-Tour auf dem Gelände in Potsdam-Babelsberg zur Rettung der Studios – kurz nach dem Mauerfall.

Und zum Schluss, weil es so traurig, so romantisch, so lakonisch, so Hilde ist – und mit der Empfehlung, die nächsten Tage Hildegard Knef zu widmen, ob musikalisch, filmisch, literarisch oder einfach alles – enden wir diese kleine Erinnerung mit einer besonderen Hervorhebung des Songs „Gestern hab’ ich noch nachgedacht“ … dem Lied einer Verlassenen. Sehr kurz, sehr traurig und sehr groß. (mit epd/dpa)

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