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Kultur: "Insulapeninsulina" - Geklebte Kunststofftüten

"Insulapeninsulina" - wer das Wort kennt, muss weder Spanier noch Italiener sein, sondern Fantast, denn in keinem Wörterbuch ist dieser Ausdruck zu finden. Doch jeder ist sicher Fantast genug, um zu ahnen, was "Insulapeninsulina" verspricht: Insel, Halbinsel, Meer, Italien.

"Insulapeninsulina" - wer das Wort kennt, muss weder Spanier noch Italiener sein, sondern Fantast, denn in keinem Wörterbuch ist dieser Ausdruck zu finden. Doch jeder ist sicher Fantast genug, um zu ahnen, was "Insulapeninsulina" verspricht: Insel, Halbinsel, Meer, Italien. Die beiden Künstler Dodi und Flori Reifenberg haben sich dieses fantastische Italienversprechen ausgedacht und in eine ebenso alltägliche wie traumhafte Verpackung gebracht: Plastiktüten. Im oberen Stockwerk des Italienischen Kulturinstituts am Anhalterbahnhof hängen nun neben drei Italienkarten - eine mit antiken, eine mit faschistischen und die dritte mit geografischen Landesgrenzen - Italienumrisse aus Plastik (bis zum 7. März). Bunte Tütenschnipsel aus aller Herren Supermärkte geben dem berühmten Stiefel seine Einkaufstaschenkontur, zehn runde Lautsprecher markieren darauf zehn Städte, zehn Stimmen aus den Lautsprechern, die in zehn verschiedenen Dialekten durcheinander sprechen, bezeugen vergangene Sprachvielfalt in diesen Städten. Die antiquierten Dialekte aber verstehen auch Italiener kaum mehr - einzig die bunte Plastikoberfläche ist verständigungssicheres Terrain. Wie aus spitz zugeschnittenen Glasscherben zusammengesetzt leuchten die Schnipsel von den Wänden. Von trash oder Restekultur keine Spur. Etwas Erhabenes versprühen diese Klebebilder, und man meint fast, ein sakrales Leuchten in dem glatten Kunststoff wahrzunehmen, in dem Italien erstrahlt wie das heilige Land auf Kirchenfenstern. Mitten im Raum: ein silbern übersprühter Lederstiefel auf einem Podest, von dem lange, blaue Plastikstreifen wild herunter hängen. "Eine Hommage an das Mittelmeer" haben Dodi und Flori Reifenberg hier zusammengeklebt - und eine Hochkultur des Alltags entworfen.

Doris Meierhenrich

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