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Kultur: Jedes Ticket zählt

Karlsruhe urteilt über Filmförderung.

Die deutsche Filmförderung ist verfassungsgemäß. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag ohne jede Einschränkung festgestellt. Damit bleibt es dabei, dass jährlich jeder Kinobesucher in Deutschland mit der Eintrittskarte einen Beitrag zur deutschen Filmförderung leistet – egal, ob er einen deutschen Film anschaut oder einen ausländischen. Denn die Kinos müssen von allen verkauften Eintrittskarten einen Anteil an die Filmförderung abführen; er beträgt je nach Nettoumsatz zwischen 1,8 und drei Prozent. Außer den Kinos sind auch die Videowirtschaft und das Fernsehen abgabepflichtig. Insgesamt kommen dadurch 100 Millionen Euro zusammen.

Vier Kinobetreiber, darunter auch die Multiplex-Kinos, hatten gegen die Sonderabgabe Verfassungsbeschwerden eingelegt. Schon in der mündlichen Verhandlung im Oktober hatten sich die Karlsruher Richter sehr kritisch mit den Klagen auseinandergesetzt – und sich übrigens als versierte Filmkenner zu erkennen gegeben. Jetzt kam ihr Urteil: Alle rechtlichen Einwände wurden zurückgewiesen.

Da war zunächst das Argument, der Bund sei gar nicht zuständig. Denn Kulturförderung ist laut Grundgesetz Ländersache. Der achtköpfige Zweite Senat sah das anders. Filmförderung sei Wirtschaftsförderung, und die obliege dem Bund. Dass es bei der Filmkunst auch um Kultur gehe, ändere nichts am Schwerpunkt Wirtschaftsförderung. Hier spielt eine Rolle, dass der Film zu den teuersten Kunstgattungen zählt. Der deutsche Film hat aber – verglichen mit dem amerikanischen – schon aus Sprachgründen ein verhältnismäßig kleines Publikum. Deshalb übernimmt die Filmförderung bei Filmen, die sie als qualitätsvoll beurteilt, sechs bis acht Prozent der Produktionskosten.

Die Auswahl der Branchen, die die Sonderabgabe zahlen müssen, ist laut Urteil nicht zu beanstanden. Kinos, Fernsehen und Videowirtschaft bildeten eine „homogene Gruppe“ und hätten „ein gemeinsames Interesse ... am Erfolg des deutschen Films.“ Dass seit vielen Jahren rund 24 Prozent der Kinobesucher deutsche Filme ansehen, bewertete die Richterbank als lebenden Beweis. Auch die späte Abgabepflicht des Fernsehens (dessen Zahlungen früher noch freiwillig waren) sei unschädlich. Denn die Beträge wurden rückwirkend zum Jahr 2004 eingezogen.

Dass Film-Exporteure von der Zwangsabgabe ausgenommen bleiben, verletze nicht den Gleichheitssatz. Denn es „liefe dem Erfolg des deutschen Films im Ausland zuwider“, wenn man exportierte Filme durch die Abgabe teurer machte. Und auch die Vergabekommission sei ausreichend demokratisch legitimiert. Die Mitglieder werden von Filmschaffenden und den abgabepflichtigen Gruppen benannt. Aber damit solle sichergestellt werden, dass es zu keiner „von Sonderinteressen verzerrten Entscheidungspraxis“ kommt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters feiert das Urteil als großen Erfolg für den Bund: „Damit ist einer der Grundpfeiler der deutschen Filmförderung in seinem Bestand gesichert.“ Ursula Knapp

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