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Kultur: Jugend klaut Ullstein bringt „Strobo“

als Taschenbuch heraus

Über Geld spricht man nicht, auch nicht in der Verlagsbranche, und dort erst recht nicht, wenn es um so heikle Dinge wie Rechte- und Lizenzangelegenheiten geht. Fast so, als würde der Plagiatsstreit um Helene Hegemanns Buch „Axolotl Roadkill“ nun ein für allemal gelöst sein, entschuldigte sich der Ullstein Verlag Ende dieser Woche, verkündete, dass er sich die Abdruckrechte für die bisher von Hegemann nicht genannten Quellen beschafft habe, und bedankte sich bei den Rechteinhabern. Mit dem Blogger Airen, aus dessen Buch „Strobo“ sich Hegemann bedient hat, und dessen kleinem Berliner Sukultur Verlag, hat sich Ullstein dahingehend geeinigt, dass die „Strobo“- Passagen in künftigen „Axolotl Roadkill“- Ausgaben als solche gekennzeichnet werden – freilich ohne anzugeben, wie er sich finanziell mit Airen und Sukultur verständigt hat.

Von einer „kleinen vierstelligen Summe“ ist nun die Rede, wie die „Süddeutsche Zeitung“ aus „Verlagskreisen“ erfahren haben will. Interessanter ist, dass sich Ullstein auch die Taschenbuchrechte für „Strobo“ gesichert haben soll, um es euphemistisch auszudrücken. Ob er dafür aber eine mittlere fünfstellige Summe ausgegeben hat, wie bei Taschenbuchlizenzen selbst für nicht so erfolgreiche Bücher schon mal üblich, darf bezweifelt werden. Denn „Strobo“ mag zwar genretechnisch gut zwischen Ullstein-Bücher wie „Fucking Berlin“ und „Dating Berlin“ passen, ist aber in einem halben Jahr, wenn sich die Aufregung um Hegemann gelegt hat, kaum noch für größere Verkäufe gut (und wenn doch, verdienen Ullstein und Airen, aber nicht der Sukultur Verlag).

Insofern macht der Ullstein Verlag, der sich zunächst nicht gerade mit Verve hinter seine junge Autorin gestellt hatte, einen nicht schlechten Schnitt, bedenkt man, das „Axolotl Roadkill“ ganz vorne in den Bestsellerlisten steht, für den Leipziger Buchpreis nominiert ist und eine Verkaufsauflage von 100 000 Exemplaren absehbar. Goliath bleibt eben Goliath, und ein Skandal hat dem Erfolg eines Buches bislang selten geschadet. Entschädigend (und humorvoll) wäre es, würde Ullstein die Taschenbuchausgaben von „Axolotl Roadkill“ und „Strobo“ in einem Schuber herausgeben, vielleicht unter dem Titel „Die Jugend von heute“. Oder: „Das Berghain, wie es schöner und krasser niemals mehr sein wird.“ Gerrit Bartels

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