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Virtueller Schauder . In „It Will End in Stars“ (2018) von Nathalie Djurberg und Hans Berg lassen sich bedrohliche Welten mit VR-Brille erkunden.

© Courtesy of the artist and Acute Art

Julia Stoschek zeigt VR-Kunst: In der Höhle des rauchenden Wolfes

Die Stoschek Collection in Mitte wagt sich auf neues Terrain. Mit VR-Brille geht es im Werk von Nathalie Djurberg und Hans Berg in einen seltsamen Wolfsbau.

Noch zickt die Technik. Nathalie Djurberg und Hans Berg präsentieren im Berliner Schauraum der Kunstsammlerin Julia Stoschek einen ihrer neuen Filme. Und die Spannung ist groß, denn das schwedische Künstlerpaar hatte 2019 großen Erfolg.

In der Frankfurter Schirn Kunsthalle zeigte das in Berlin lebende Duo eine vielbeachtete Ausstellung mit über 30 Trickfilmen, Video- und Soundarbeiten zu Macht, Gier, Sex, unkontrollierten Trieben, übersteigertem Hedonismus sowie Plastiken, Skulpturen und Installationen.

Seit Oktober adelt das Kunstmuseum Ravensburg ihre Arbeiten in einer Gegenüberstellung mit dem Werk von Asger Jorn, dem dänischen Mitbegründer der Cobra-Gruppe.

Doch nicht ein Stop-Motion-Film mit den bekannten Knetfiguren läuft bei Stoschek, sondern eine Virtual- Reality-Arbeit, die an die frühen Kohlezeichnungen von Nathalie Djurberg anknüpft. Parallel dazu gibt es eine zweite Ausstellung: von Meriem Bennani aus New York, die nun erstmals eine Einzelschau in Deutschland hat.

Wer Djurbergs und Bergs „It Will End in Stars“ (2018) sehen will, lässt sich eine VR-Brille aufsetzen und gelangt so in den Bau eines Wolfes. Der führt nichts Gutes im Schilde, keine Frage, so, wie er da im Sessel seiner Höhle lümmelt und nach Zigaretten und Feuer verlangt. Über die Haltung ihrer Hände, die eine Kamera zuvor eingescannt hat, sollen sich die Gäste durch die Höhle navigieren.

Das allerdings klappt nicht richtig. Die Maschine kommt aus dem Takt, etwa wenn man nach der heruntergefallenen Zigarettenschachtel greifen will. Und wer an den von der Decke hängenden Vogelkäfig tippen will, bleibt womöglich an dem Tontopf darunter hängen.

Die Assistenten, die den Besuchern die Brillen aufsetzen und das Geschehen auf einem Bildschirm verfolgen, geben Tipps. Doch beim Zuhören kann man es verpassen, die unflätigen Bemerkungen des Wolfs zu lesen, die als handschriftlicher Text übers Bild laufen. Die Immersion hält sich in Grenzen.

Daniel Birnbaum nimmt es mit Humor. Der ehemalige Direktor des Moderna Museet Stockholm und Kurator der Venedig-Biennale 2009 ist zur Eröffnung angereist. Bei Stoschek hat er eine Reihe von Gastausstellungen mit der Londoner Firma Acute Art, bei der er jetzt als künstlerischer Leiter arbeitet.

Acute Art verwirklicht technisch aufwendige Produktionen in Virtual Reality, Augmented Reality und verschiedene Mischformen mit ausgewählten Künstlern wie Anish Kapoor, Ólafur Elíasson und jüngst Ai Weiwei, der in Myanmar heimatlose Menschen und Tiere gefilmt hat.

Eingeschlossen mit einem unberechenbaren Gegenüber

Mit Djurberg und Berg plant Birnbaum bereits einen neuen Film – doch noch wollen sie den aktuellen verbessern. Neben der ruckelnden Version bei Stoschek gebe es eine weniger interaktive, reibungslos funktionierende, sagt Birnbaum, und womöglich bald eine dritte, die sich über einen Joystick bedienen lasse.

Zu wünschen ist es der Arbeit, denn sie regt ihre Nutzer dazu an, eine archetypische Situation zu überdenken: eingeschlossen zu sein mit einem unberechenbaren Gegenüber. Eine falsche Bewegung und es wird bedrohlich.

[Julia Stoschek Collection, Leipziger Str. 60, Sa./So. 12 bis 18 Uhr. Nathalie Djurberg und Hans Berg: bis 26. April; Meriam Benani: bis 3. Mai]

Bei Meriem Bennani funktioniert die Technik tadellos. Die 1988 in Marokko geborene Künstlerin spielt in ihrer Videoinstallation „Party on the CAPS“ (2018) auf acht Kanälen mit Animation, digitalem Found Footage, Einflüssen aus Karaoke und Fernsehen.

Potential wird nicht ausgeschöpft

Die Projektionen laufen zu einer dröhnenden Soundcollage über Wände und Säulen sowie eine Leinwand, vor der eine Tribüne mit Polstern aus Krokodilhautimitat steht. Bennani erzählt Science-Fiction, von einer Atlantikinsel Ende des dritten Jahrtausends

Deportierte Migranten leben dort, die sich mittels Teleportation in die USA beamen wollten, denen jedoch die Einreise verwehrt wurde. Diese Idee hat Potenzial für eine Erzählung von Menschen, die sich auf engstem Raum organisieren müssen und mittels Versatzstücken ihrer Herkunftstraditionen zu einer neuen hybriden Kultur finden.

Doch Bennani schöpft das Potenzial nicht aus. Sie begnügt sich mit aneinandergereihten Szenen von Essen, Tanzen, Trinken und anderen Alltagshandlungen und versieht den dürftigen Plot mit gleich zwei Rahmenhandlungen. Das ist viel Aufwand für wenig Inhalt und schade um die Story.

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