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Besucher stehen Schlange vor der Alten Nationalgalerie.

© dpa/Paul Zinken

Kahlschlag in der Berliner Kulturszene: Publikumsforschung vor dem Aus

Das Institut für kulturelle Teilhabeforschung beschäftigt sich mit der Frage, warum Menschen Theater, Museen und Konzertsäle meiden. Jetzt soll es abgewickelt werden.

Ein Kommentar von Frederik Hanssen

Stand:

Ach, was waren das für goldene Zeiten, als Klaus Lederer noch Kultursenator war. Der Linken-Politiker hatte nicht nur genug Geld, um die großen Institutionen in Ruhe Kunst machen zu lassen, er konnte zusätzlich auch noch eigene Herzensprojekte realisieren. Wie den kostenlosen Museumssonntag.

Wenn die Ausstellungen einmal pro Monat umsonst sind, so seine Hoffnung, schauen auch jene Leute mal vorbei, die sonst Hemmungen zeigen gegenüber der so genannten Hochkultur. Dass im Zuge der aktuellen, blindwütigen Sparmaßnahmen ausgerechnet diese „Kultur für alle“-Aktion abgeschafft wird, ist komplett kontraproduktiv.

Wie erreicht man Nichtbesucher:innen?

Dazu passt allerdings, dass auch jene Einrichtung abgewickelt werden soll, die Klaus Lederer installiert hat, um seine Bemühungen in Sachen Niedrigschwelligkeit wissenschaftlich zu begleiten. Eine Hauptaufgabe des Instituts für kulturelle Teilhabeforschung (IKTf) besteht darin, herauszufinden, warum Menschen die Theater, Konzertsäle und Museen dieser Stadt meiden. An den Eintrittspreisen kann es nicht liegen, denn nirgendwo kann man so günstig fantastische Kultur erleben wie in Berlin – vorausgesetzt man ist bereit, im Kleingedruckten die Ermäßigungsmöglichkeiten herauszufischen, die auf einen zutreffen.

Nichtbesucher:innenforschung ist eine mühsame Sache. Denn man erreicht Personen, die dem Kunstgenuss fernbleiben, nur sehr schwer. Das hochmotivierte IKTf-Team um Vera Allmanritter aber hat seit 2019 genau das versucht. Mit Geduld und Ausdauer. Denn erst nach vielen aufwendig durchgeführten Umfragen lassen sich soziodemografische Entwicklungslinien ablesen, aus denen sich dann konkrete Empfehlungen für die Praxis ergeben. Auch wegen der Verzerrung der Zahlen durch die Pandemie.

Das Institut stand kurz davor, diese Daten liefern zu können. Und zwar auf bisher ungeahnt differenzierte Weise aufgeschlüsselt nach einem neu entwickelten Modell, das nach unterschiedlichen Lebensstilen aufgefächert ist. Wenn das IKTf jetzt abgewickelt wird, war die ganze Arbeit umsonst. Und die kompletten, bisher ausgegebenen Mittel müssten als Fehlinvestition verbucht werden. Zurück blieben nichts als arbeitslose, frustrierte Forschende.

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