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Dirigentin Susanna Mälkki und die Karajan-Akademie

© Friederike von der Straeten

Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker: Intensität und Inspiration

Das Konzert der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker zum 100. Geburtstag von Györgi Ligeti gibt Einblicke in die verschiedenen Schaffensperioden des Komponisten.

Von Keno-David Schüler

Im Kammermusiksaal bringt die Karajan-Akademie ein opulentes Ständchen: György Ligeti wurde auf den Tag genau vor 100 Jahren in Siebenbürgen geboren. Das junge Orchester unter der Leitung von Susanna Mälkki musiziert gemeinsam mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard, beides international ausgewiesene Koryphäen.

Ganz im Geiste der Akademie darf mit Oscar Jockel und dem Kompositionspreisträger der Schwarzkopf-Stiftung, Hovik Sardaryan, auch die junge Generation den Abend mitgestalten. Sardaryans „The Joy of Blossoming“ wird von Jockel, derzeit Assistent bei Kirill Petrenko und Stipendiat der Karajan-Akademie, aus der Taufe gehoben.

Konzert der Lebendigkeit

Die Lebendigkeit des Konzerterlebnisses geht über die vitalen äußeren „Szenen“ hinaus. Da stürmt Aimard nach einem brillanten Ligeti-Klavierkonzert, als Saal und Bühne schon in Auflösung des Schlussapplauses begriffen sind, nochmal zum Klavier, dankt für den „intensiven“ Abend und verabschiedet sich augenzwinkernd mit Drei Bagatellen – den Miniaturen, die mit einem einzigen Ton auskommen, während das Instrument ansonsten zu den Gesten des Performers schweigt.

Susanna Mälkki
Susanna Mälkki

© Simon Fowler

Oder die effektvolle Inszenierung des Poème Symphonique, einem «mechanischen» Stück für 100 Metronome, die im abgedunkelten Saal hinter dem Publikum emsig ticken. Der Witz der Sechs Bagatellen sprudelt dann attacca aus einem - in grünes Licht getauchten - Bläserquintett hervor und etabliert endgültig den Happening-Charakter.

Nach der Uraufführung von „The Joy of Blossoming“ hatten sich viele im Publikum schon erhoben - erst das beherzte Eingreifen einzelner Zuschauer:innen ließ sie dann doch noch das Ligetische Kammerkonzert vor der Pause abwarten.

Lebenslang ein Grenzgänger

Györgi Ligeti, der seinen kompositions-ästhetischen Wirkungskreis zwischen „traditoneller Avantgarde“ und „Postmoderne“ abgesteckt sah, blieb zeitlebens ein Grenzgänger auf der Suche nach neuen Wegen. Neben eigenen Ideen speisen sich die Arbeitsprozesse wesentlich aus entlehnten Konzepten der Naturwissenschaften oder der Beschäftigung mit Pop- und Volksmusik, wie mit außereuropäischen Kulturen.

Wie treffend also, dass an seinem Geburtstag der Karneval der Kulturen stattfindet. Natürlich bietet das Œuvre Ligetis eher weniger Easy Listening Potential. Einige der diversen, anspruchsvollen Konzepte des auskunftsfreudigen Komponisten werden heute repräsentativ vorgeführt. Ob Mikropolyphonie, polyphone Klangnetze, oszillierende Klangflächen oder Polymetrie: Vor allem ist es die Faszination für unkonventionelle rhythmische wie harmonische Zugänge, die erfahrbar wird.

Verständlich ist es da, wenn das auf „Monomentum pro Gesualdo“ von Strawinsky folgende „Ramifications“ den Drang zur Pausenerfrischung weckt. Durchaus denkbar auch, dass die etwas statischen, groben Klangklumpen im Stück von Sardaryan Mitverantwortung tragen. Kuratorisch ist allerdings nichts vorzuwerfen. Das große Engagement aller Ausführenden zelebriert würdig den Geburtstag einer der für das 20. Jahrhundert prägensten Komponistenfiguren überhaupt.

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