
© dpa/Moritz Frankenberg
Katy Perry mit der „Lifetimes“-Tour in Berlin: Massentherapie für einen geschundenen Popstar
Flop-Album, kurioser Weltall-Trip und Trennung: Katy Perry hatte kein leichtes Jahr – und sucht bei ihrem Konzert in Berlin den Zuspruch ihrer Fans.
Stand:
Kann ein millionenschwerer Superstar ein Underdog sein? Über Katy Perry hat sich im vergangenen Jahr so viel Häme ergossen, dass man sie schon gern mal wieder gewinnen sehen würde. Ihr Konzert in der ausverkauften Uber Arena in Berlin wirkt dann auch ein bisschen wie Massentherapie. Als müssten ihre Fans, die es ja noch zuhauf gibt, ihr Idol erstmal aufpäppeln, damit sie ihre Show abliefern kann.
„I think they still like me“, sagt Perry, nachdem sie ihren Hit „Teenage Dreams“ vorgetragen hat. Und fragt dann doch vorsichtshalber: „I still got it?“ – „Hab ich’s immer noch drauf?“ Die Fans jubeln aufmunternd, und es zerreißt einem ein bisschen das Herz.
Seit Katy Perry beim Superbowl 2015 auf einem riesigen goldenen Tiger ritt und sich mit „Left Shark“ in die Herzen aller Menschen tanzte, ist viel Zeit vergangen. Es war der Höhepunkt einer großen Pop-Karriere, die danach etwas ins Straucheln geriet.
Im Sommer vergangenen Jahres wollte Katy Perry das große Comeback starten. Ihre Single „Woman’s World“ wirkte dann aber komplett aus der Zeit gefallen mit den platten Empowerment-Lyrics und lieblosen Beats – und das im „Brat“-Summer, als eine Riege junger weiblicher Stars zeigte, wie innovativer Pop geht. Dann wirkte auch noch Dr. Luke als Produzent an diesem angeblich feministischen Song mit, gegen den Kesha einst Missbrauchsvorwürfe erhoben hatte.
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Das dazugehörige Album „143“ war leider auch eine ziemliche Gurke. Es folgte ein Kurztrip ins Weltall, der abermals Frauenpower ausdrücken sollte, jedoch von den meisten als Geld- und CO₂-Verschwendung einiger weltfremder High-Society-Ladys ausgelegt wurde. Im Sommer gaben Katy Perry und ihr langjähriger Partner Orlando Bloom dann auch noch ihre Trennung bekannt.
Da hatte Katy Perry ihre „Lifetimes“-Welttour bereits gestartet, und seitdem zieht sie sie gnadenlos durch, Hass und Hiobsbotschaften zum Trotz. Dass der Popstar resilient ist, wissen wir spätestens seit einer Doku über ihre „California Dreams“-Welttour: Dort war zu sehen, wie Perry schluchzt, weil ihr damaliger Ehemann per Textnachricht mit ihr Schluss gemacht hat – kurz darauf betritt sie strahlend, mit sich drehenden Propellern an den Brüsten die Bühne.
Wie viel schlimmer kann das hier also sein? Zumal Perry ja zumindest frisch verliebt zu sein scheint – Paparazzi-Fotos zeigten sie knutschend mit Justin Trudeau, einst kanadischer Premierminister.

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Die Bühne ist eine Art Carrera-Bahn in Form einer Acht, zahlreiche Fernseher und Monitore dahinter. Los geht es mit einer recht konfusen Story, die den Abend über in sehr langen Einspielern erzählt wird. Wir sind in einem Computerspiel, Katy Perry ist die Heldin, die versucht, die Welt zu retten vor einer bösen KI, die sich verselbstständigt hat.
Es geht auch irgendwie um Schmetterlinge. Die Einspieler sind recht schwer zu ertragen, weil die Boxen bis zum Anschlag aufgedreht sind und es in den Ohren scheppert. Auch der Sound der Live-Band ist kaum auszumachen, Perrys Gesang geht öfter unter im Lärm.
Mehr alte Hits als neue Songs
Sie kommt auf die Bühne mit dem Song „Artificial“ ihres neuen Albums, in dem es auch diffus um die Gefahren von Technik und Künstlicher Intelligenz geht. „I’m just a prisoner (in your prison) / you got me hooked on your (Algorithm)”, singt Perry, während sie im metallenen Superheldinnen-Outfit gen Arena-Decke schwebt und man hofft, dass es bald mit ihren alten Songs weitergeht.
Die singt sie natürlich, es gibt dankenswerterweise deutlich mehr frühe Hits als „143“-Songs. „Dark Horse“ ist das Highlight im ersten der fünf Abschnitte – fünf Level des imaginären Computerspiels – der Show. Im zweiten trägt Perry dann „Hot’n’Cold“ und „I Kissed a Girl“ mit Gitarre in der Hand vor.
Die Show ist immer dann am stärksten, wenn Perry weniger zu tun hat, einfach nur singt: Man braucht nicht viel Gedöns, wenn man gute Songs hat.

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Sonst macht sie fast immer zu viel, klettert an wackelig aussehenden Gerüsten herum, bekämpft böse Ninjas mit dem Laserschwert, macht Spagat oder schlägt Purzelbäume in der Luft. Auch die Tänzer sind beschäftigt, es gibt Aerial-Performances und Stelzen-Tänze. Zwischendurch muss Perry immer wieder Herzen sammeln, was wohl mit dem Computerspiel zusammenhängt.
In langen Unterbrechungen quatscht Katy Perry mit ihren Tänzern – sie wollen alle in den KitKat-Club gehen – und holt verkleidete Fans auf die Bühne, von denen sie deutsche Worte lernt. „Schlampe“ etwa, oder „Knuffel“. Auch wenn sich diese Bits teilweise zu lang ziehen, Perry lässt hier ihren Charme spielen.

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Am höchsten ist das Cringe-Level hingegen immer dann, wenn es pseudo-politische Botschaften zu hören gibt. Hier kommt Katy Perry, die weltfremde Weltall-Frau, zum Vorschein.
Die größte Lüge sei es, dass Menschen keine Macht hätten, verkündet Perry etwa. „People of Berlin, you have the power!“ Die Deutschen hätten sie ja schon immer inspiriert, sie seien eine „resiliente Gruppe“, setzten sich außerdem für Vielfalt ein. Um Demokratie und Gleichheit geht es auch, und um „the Gays“ natürlich, ihre treuste Fan-Gruppe, bei der sie sich immer wieder bedankt.
Am Ende besiegt Katy Perry schließlich den KI-Overlord. „Macht ist nicht alles, wir haben Herz“, verkündet sie, auf den Screens sind jetzt DNA-Stränge zu sehen, wohl als Symbol des Sieges der Menschen über die Technik? Egal, Katy Perry reitet für „Roar“ auf einem riesigen Schmetterling durch die Halle und es kommt kurz ein wenig Superbowl-Feeling auf, bevor die Show mit „Fireworks“ triumphal zu Ende geht.
Einen letzten Kalenderspruch hat Katy Perry noch auf Lager: „Egal wie oft ihr hinfallt, es kommt darauf an, wieder aufzustehen!“ Und man gönnt es ihr ja –das nächste Comeback nur hoffentlich mit besserer Musik.
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