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Kolumne „Der Klassiker“ (Folge 20): Wer kein Chef ist, bekommt auch kein Gehalt
Hartnäckig hält sich die Mär, Daniel Barenboim sei weiterhin Chefdirigent auf Lebenszeit der Berliner Staatskapelle. Er ist aber nurmehr Gast bei seinem früheren Orchester.
Stand:
Auf meine jüngste Konzertkritik zu einem Auftritt von Daniel Barenboim – er hatte am Ostersamstag im Boulez Saal das neue Orchester der Barenboim-Said-Akademie vorgestellt – erhielt ich einen interessanten Kommentar auf der Tagesspiegel-Website.
„Noch ist Barenboim Chef der Staatskapelle und bekommt dafür Steuergelder, tritt aber nicht mehr mit ihr auf. Aus Gesundheitsgründen, wie es heißt“, schreibt eine Leserin oder ein Leser unter dem Decknamen „Waedliman“. Und fährt fort: „Nun ist die Gesundheit doch nicht so angeschlagen und es gibt ein neues Projekt? Ich freue mich für Barenboim, finde das alles aber nicht nachvollziehbar.“
Ein Gerücht seit 23 Jahren
Es ist doch erstaunlich, wie hartnäckig sich das Gerücht hält, der Staatsopern-Generalissimus, der sein Amt im Januar krankheitsbedingt niederlegen musste, sei auf Lebenszeit zum Chefdirigenten der Berliner Staatskapelle bestellt. Dabei hat er seit 1992 für seinen Job Unter den Linden stets nur befristete Verträge erhalten von seinem Arbeitgeber, dem Land Berlin. Ebenso wie alle anderen Führungskräfte der hauptstädtischen Kulturinstitutionen auch.
Es war das Orchester, das ihm vor nunmehr 23 Jahren den Ehrentitel antrug, ungeachtet aller kulturpolitischen Entscheidungen so lange symbolisch ihr Chefdirigent zu bleiben, bis dass der Tod diesen künstlerischen Bund scheide.
Ein Faschingsorden
Arbeitsrechtlich hatte diese Liebesbezeugung der Musikerinnen und Musiker zu keinem Zeitpunkt irgendeine Relevanz. Weshalb ein besonders scharfzüngiger Kritikerkollege gerne auch vom „Faschingsorden“ sprach, der Daniel Barenboim von der Staatskapelle verliehen wurde.
Monatlich fließt also seit Februar kein Berliner Steuergeld mehr auf Barenboims Konto. Wenn der Ex-Chef also dann doch einmal die Staatskapelle dirigiert – so wie am gestrigen Mittwoch bei einem Gastspiel in Paris –, bekommt er dafür eine Gage als Gastkünstler, wie Daniel Bartsch, der Sprecher von Kultursenator Klaus Lederer, auf Anfrage erklärt.
Welche Summe der Weltstar dabei pro Abend erhält? Das bleibt vertraulich. Viel spannender aber ist ja sowieso, wer künftig sein Staatsopern-Chefdirigenten-Gehalt kassieren darf. Hinter den Kulissen ist das Bewerbungsverfahren bereits in vollem Gange.
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