
© Monika Rittershaus
Kolumne „Klassiker“: Repertoire-Juwelen
Auch bei Operninszenierungen gilt: Ein Diamant ist unvergänglich.
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410 Mal ist die „Tosca“ in der Regie von Boleslaw Barlog schon über die Bühne der Deutschen Oper gegangen. Ja, Sie haben richtig gelesen: Puccinis Meisterwerk steht seit 1969 unverändert in derselben Inszenierung auf dem Spielplan. So etwas gibt es nur im Repertoiresystem, jener zentraleuropäischen Tradition, bei der erfolgreichen Stücken ein sehr langes Leben gegönnt ist. Denn sie werden so lange Saison für Saison wieder aus dem Bühnenbild-Fundus geholt, bis die Nachfrage versiegt.
Bei der 409. „Tosca“-Vorstellung, die ich jüngst besucht habe, waren die 1800 Sitzplätze der Deutschen Oper komplett ausverkauft. Der alte Reißer zieht also noch. Und was soll ich sagen: Es war der perfekte Musiktheaterabend.
Am Ende kennt der Jubel keine Grenzen
Denn mit Sondra Radvanovsky und Vittorio Grigolo standen zwei Stars auf der Bühne, die sich förmlich in ihre Rollen hineinwarfen. Was für eine Leidenschaft, was für eine Hingabe, im Szenischen wie im Sängerischen! Das Orchester des Hauses spielte wie elektrisiert, Valerio Galli, kurzfristig für Generalmusikdirektor Runnicles eingesprungen, bewies bestes Gefühl fürs Puccini-Timing. Am Ende kannte der Jubel keine Grenzen.
Auch die Staatsoper hat so ein Repertoire-Darling. Ruth Berghaus‘ legendärer „Barbier von Sevilla“ läuft sogar schon seit 1968 Unter den Linden. Da kann die „Madame Butterfly“ von Eike Gramss nicht ganz mithalten: Sie kam im April 1991 heraus, kurz vor dem Amtsantritt von Daniel Barenboim an der Staatsoper.
Wie bei der „Tosca“ geht es auch hier ganz traditionell filmrealistisch zu. Diego Matheuz macht mächtig Druck im Orchestergraben, Latonia Moore kann als Titelheldin in Sachen Klangpower mühelos mithalten. Die kurvige afroamerikanische Sopranistin sieht vielleicht nicht so aus, wie das 15-jähirge japanische Schmetterlingsmädchen aus dem Libretto, aber sie rührt den Saal zu Tränen, überwältigt im Schlussakt mit brennender emotionaler Intensität.
Von wegen olle Kamellen: Wenn die Besetzung stimmt, wenn sich Szene und Orchester gegenseitig befeuern, dann zünden eben auch diese Dauerbrenner immer noch. „Tosca“ ist an der Deutschen Oper wieder Anfang März zu sehen, „Madama Butterfly“ steht noch am heutigen Donnerstag und am 4. Februar Unter den Linden auf dem Spielplan.
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